Berichte über exzessive Gewalt

Aktivisten und Kirche in Papua auf der Insel Neuguinea treten für die Menschenrechte in ihrem Land ein

Leben in Armut: Die einheimische Bevölkerung in Papua leidet seit mehr als 50 Jahren unter der indonesischen Besatzung. Fotos: pr

Knechtschaft: Eine Statue stellt die Indonesier als Befreier der Papuas dar.

Es herrscht himmelschreiendes Unrecht im Lande Papua auf Neuguinea – und die Weltgemeinschaft nimmt kaum Notiz davon. Nur ein Fall unter vielen: Zwischen Sorong und Manokwari im indonesischen westlichen Inselteil werden einheimische Bauern von den Behörden von ihren Ländereien vertrieben. Darauf sollen Plantagen für lukratives Palmöl entstehen. Wer dagegen protestiert, läuft Gefahr, eingesperrt, gefoltert oder gar ermordet zu werden. „Jeden Tag, jede Woche haben wir solche Probleme“, erzählt eine Menschenrechtsaktivistin aus Papua, die sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung stark macht.

Ständig kommt es in Papua zu brutalen Menschenrechtsverletzungen durch Militärs und Polizei, beklagen nicht nur Menschenrechtler aus der abgehängten Region am östlichen Rand des riesigen pazifischen Inselstaates Indonesien. Auch Amnesty International und andere Organisationen wie das Westpapua-Netzwerk mit Sitz in Wuppertal und die International Coalition for Papua (ICP) rufen dazu auf, gegen massenhafte illegale Verhaftungen, Vertreibungen, Enteignungen sowie Mord in Papua zu protestieren.

Seit 1963 ist die ehemalige holländische Kolonie gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung von der Zentralregierung in Jakarta annektiert. Seither beutet Indonesien den Rohstoffreichtum Papuas aus, siedelte vor allem muslimische Bewohner aus übervölkerten indonesischen Inseln wie Java, Sumatra und Sulawesi dort an. Die traditionellen Rechte, der meist bäuerlichen Ureinwohner – mehrheitlich Christen – in der rund vier Millionen Einwohner zählenden Region am Ende der Welt, werden missachtet.

Sie werden um ihr Landrecht gebracht, damit Konzerne die Wälder abholzen können. Dort entstehen riesige Palmölplantagen, in Minen werden wertvolle Mineralien wie Gold abgebaut – die Umweltfolgen sind katastrophal. Und vor allem: Mit Gewalt unterdrückt die Regierung bis heute den Freiheitswillen der indigenen Bevölkerung. Allein das Hissen der Morgensternflagge, dem verbotenen Symbol der Unabhängigkeitsbewegung von Papua, reiche aus, ins Gefängnis geworfen oder getötet zu werden, berichtet ein einheimischer Pfarrer. „Sehr häufig verschwinden Menschen einfach“, sagt der Mann, der sich in der Menschenrechtsarbeit engagiert.

Bisher hätten Christen und Muslime gut zusammengelebt, erzählt Andreas Mofu, der Präsident der rund 800000 Mitglieder zählenden evangelischen Kirche in Papua. Doch seit geraumer Zeit schürten ins Land einsickernde radikal-muslimische Gruppen Konflikte zwischen den Religionen.

Einige Kirchenführer in Papua bezeichneten das Vorgehen des indonesischen Staates als rassistisch motivierten Völkermord, sagt Norman Voß vom Westpapua-Netzwerk, in dem sich auch die pfälzische Landeskirche neben anderen Kirchen engagiert. Dem Netzwerk, das sich für Frieden und Gerechtigkeit in Papua einsetzt, gehören weiterhin Menschenrechts- und Umweltgruppen sowie Wissenschaftler an.

Die Lage der Menschenrechte im von Indonesien annektierten Westteil der Insel Neuguinea sei „sehr ernst und hat sich trotz Kritik der Vereinten Nationen nicht verbessert“, beklagt Voß. Die indonesische Zentralregierung setze die umfangreichen Empfehlungen der Vereinten Nationen zu den Menschenrechten nicht um. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra'ad al-Hussein, habe kürzlich ankündigt, auf Einladung der indonesischen Regierung nach Papua reisen zu wollen.

Die Gewalt durch indonesische Sicherheitskräfte treffe fasst ausschließlich indigene Papuas, berichtet Voß. Im vergangenen Jahr seien nach Angaben der Organisation ICP zehn Papuas getötet, 175 gefoltert oder misshandelt und 599 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert worden; acht Journalisten seien angegriffen oder bei ihrer Arbeit behindert worden. Ausländische Journalisten könnten nach wie vor nicht frei in die Region reisen und von dort berichten. Auch Amnesty International in Deutschland mit Sitz in Berlin erhält nach eigenen Angaben immer wieder Berichte aus Papua über exzessive Gewalt von Sicherheitskräften, mit Toten und politische Gefangene.

Voß kritisierte, dass Deutschland Waffenlieferungen an Indonesien nicht unterbinde. Die auswärtigen Beziehungen Deutschlands seien von wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen geprägt. Derzeit verhandle die EU ein Freihandelsabkommen mit Indonesien. Die Bundesregierung sollte offener und stärker als bisher Kritik an den Zuständen in Papua äußern und Waffenverkäufe einstellen, appelliert Voß. Jakarta müsse die Verbrechen der Vergangenheit anerkennen und den Opfern Entschädigung gewähren. Die Kirchen in Deutschland könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, die politischen Seiten des Papua-Konflikts an einen Tisch zu bringen.

Auch Amnesty International setzt auf die Vermittlerrolle der Kirchen, die vor Ort ihr eigenes Netzwerk hätten: „Es ist wichtig, dass sie auch als Partner für die Menschenrechtsaktivisten vor Ort agieren, da die Region sehr isoliert ist.“ Auch der Besuch von internationalen Beobachtern, Journalisten, Diplomaten, Politikern oder humanitären Beobachtern und Helfern könne die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Menschenrechtsverletzungen in Papua lenken und dadurch vieles verändern, argumentiert Amnesty International.

Für die Menschenrechte der Bevölkerung in Papua setzt sich auch die evangelische Kirche des Landes ein. Übergriffe von Behörden und andere Unrechtsfälle werden dokumentiert, Berichte an internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen geschickt. Auch werden Gewaltopfer betreut und von Anwälten vor Gericht vertreten. Aktivisten gehen in die entlegenen Stammesdörfer in den Urwald und klären die Bewohner über ihre Rechte auf. Ziel ist es dabei stets, friedliche Lösungen zwischen allen Konfliktparteien zu finden. Zudem kartografieren kirchliche Mitarbeiter den Landbesitz der Einwohner, um sie vor dem unberechtigten Zugriff des Staates zu schützen. Unterstützt wird die Menschenrechtsarbeit auch mit Geldmitteln der pfälzischen Landeskirche. „Wir haben höchsten Respekt vor dieser Arbeit“, würdigt Diakoniedezernent Manfred Sutter.

Menschenrechtler in Papua sind sich der ständigen Gefahr um Leib und Leben bewusst. Auch sie sei schon wegen ihres Engagements von indonesischen Sicherheitskräften bedroht worden, erzählt eine Aktivistin. „Doch wer hilft sonst unseren Leuten, wenn wir Angst haben?“ Alexander Lang

Spendenkonto für die Menschenrechtsarbeit der Partnerkirche in Papua: Missionarisch-Ökumenischer Dienst, Sparkasse Südliche Weinstraße Landau, IBAN: DE91 5485 0010 0000 0404 28, BIC: SOLADES1SUW, Verwendungszweck: Menschenrechtsarbeit Papua.

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