Der Jahrtausendsassa aus Mainz

Vor 550 Jahren starb der Erfinder Johannes Gutenberg – Der Buchdruck markiert den Beginn der Neuzeit

Mit Bleilettern erfolgreich: Gutenberg beim Drucken (kolorierter Holzstich nach einer Zeichnung von Adolph Menzel). Fotos: epd

Farbenfroh: Seite der Gutenbergbibel.

Die ersten kommerziellen Erfolge erzielte er ausgerechnet mit Ablassbriefen. Im Auftrag der katholischen Kirche produzierte der Mainzer Johannes Gutenberg die berüchtigten Bescheinigungen, die den Käufern Vergebung all ihrer Sünden versprachen. Zum Einsatz kam eine revolutionäre Technologie, die der Tüftler in jahrelanger Arbeit ausgefeilt hatte. Gutenberg gilt als Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Im Februar jährt sich zum 550. Mal sein Todestag.

Ohne den Buchdruck, darin sind sich Historiker einig, wären weder Wissenschaften noch die moderne europäische Kultur vorstellbar. Knapp 73?000 Neuerscheinungen brachten deutsche Verlage allein 2016 auf den Markt, der Buchhandel macht einen Jahresumsatz in Höhe von zuletzt über neun Milliarden Euro. Auch, wenn modernere Technologien Gutenbergs Druckerpresse abgelöst haben, steht seine Erfindung für den Beginn der Neuzeit. Denn mit ihr wurde das Wissen einem viel größeren Personenkreis zugänglich.

Über die Person Gutenberg ist der Forschung wenig bekannt. Als Johannes Gensfleisch wurde der Kaufmannssohn in Mainz irgendwann um 1400 geboren, das genaue Jahr ist unbekannt, ebenso wie große Abschnitte seines Lebenswegs. Nach dem Hof seiner Eltern nannte sich Gensfleisch später Gutenberg, möglicherweise studierte er an der Universität in Erfurt, aber das ist nicht zweifellos geklärt. Auch über sein Aussehen rätselt die Wissenschaft. Ob er – wie auf fast allen Darstellungen – als erwachsener Mann tatsächlich einen langen Bart trug, ist fragwürdig.

Im 15. Jahrhundert entstanden überall in Europa Universitäten und damit auch Bibliotheken. Bücher existierten damals aber nur als Handschriften, so aufwendig in der Herstellung, dass ein einzelner kunstvoll gestalteter Band den Wert eines Hauses übertraf. Ab 1434 lebte Gutenberg für die Dauer von zehn Jahren in Straßburg, wo er offenbar bereits über die serienmäßige Herstellung von Drucken nachdachte. „Die Vorstufen zu der Erfindung sind in Straßburg gut belegt“, sagt der Mainzer Buchwissenschaftler Stephan Füssel. Aus Archivdokumenten geht hervor, dass Gutenberg schon dort eine Druckerpresse herstellen ließ und eine größere Menge Blei kaufte. Allerdings gibt es keine gedruckten Texte aus dieser Zeit.

Der Durchbruch gelang ihm nach der Rückkehr nach Mainz. Dort brachte Gutenberg gleich drei Erfindungen zur Vollendung: die Bleilettern, mit denen sich jeder beliebige Text darstellen ließ, eine besonders gut geeignete Druckerschwärze aus Lampenruß, Eiweiß und Firnis sowie eine Druckerpresse, die für einen gleichmäßigen Farbton auf dem bedruckten Papier oder Pergament sorgten. Den Geldverleiher Johannes Fust konnte Gutenberg schließlich als Partner für den Druck der lateinischen Bibel gewinnen. 180 Exemplare ließ Gutenberg in seiner Mainzer Werkstatt herstellen. Über zwei Jahre lang – von 1552 bis 1554 – arbeitete er mit seinen Setzern und Druckergehilfen daran. Mönche in ihren Schreibstuben hätten mit dem Abschreiben ein Vielfaches dieser Zeit benötigt.

Nach der Fertigstellung teilten sich Gutenberg und Fust Gewinne und Verluste, die ursprüngliche Werkstatt mit den Bibeln ging an den Geldgeber. Mittlerweile gehen Wissenschaftler wie der Mainzer Gutenberg-Experte Füssel nicht mehr von einem Zerwürfnis der Geschäftspartner aus. Weil Gutenbergs Mitarbeiter Peter Schöffer die erste Druckwerkstatt für Fust weiterführte und die Technologie weiter verbesserte, geriet Gutenberg selbst in seiner Heimatstadt vorübergehend in Vergessenheit, obwohl auch er weitere Bücher druckte. Als Erfinder des Buchdrucks galten dort über Generationen hinweg jedoch Fust und Schöffer.

Da hatte der Buchdruck bereits seinen Siegeszug durch die Königreiche und Fürstentümer Europas angetreten. Und auch der Ablasshandel, an dem Gutenberg einst indirekt verdient hatte, war durch sein Zutun abgeschafft worden: Ohne das Druckerhandwerk hätten sich Martin Luthers Kritik daran und die Ideen der Reformation nie so schnell verbreiten können. „Die Welt erkennt ohne Zögern und Zweifeln an, dass Gutenbergs Erfindung das größte Ereignis ist, das jemals in der Geschichte stattgefunden hat“, urteilte Mark Twain 1900, als Gutenbergs 500. Geburtstag gefeiert wurde. Gutenberg wurde in der Mainzer Franziskanerkirche bestattet. Die Kirche und das Grab existieren nicht mehr. Von den ersten Gutenberg-Bibeln gibt es weltweit noch knapp 50 Stück. Karsten Packeiser

Bürger entscheiden über Bau von Bibelturm

Der erste Bürgerentscheid in der Mainzer Stadtgeschichte zum umstrittenen Anbau für das Gutenberg-Museum wird voraussichtlich im April stattfinden. Mehrere Stadtratsfraktionen erklärten, dass die Abstimmung am 15. April stattfinden soll. Der Stadtrat muss dem Termin allerdings noch formal zustimmen.

Das vor über 100 Jahren gegründete „Weltmuseum der Druckkunst“ in der Heimatstadt des Buchdruckerfinders Johannes Gutenberg ist dringend sanierungsbedürftig. Die Stadt will das Museum in mehreren Bauphasen modernisieren. In einem ersten Schritt ist ein 23 Meter hoher turmartiger Erweiterungsbau, der sogenannte Bibelturm, geplant. Dort sollen die wichtigsten Schätze des Museums ausgestellt werden, darunter die beiden originalen Gutenberg-Bibeln aus dem 15. Jahrhundert.

Für den Bau hat die finanzschwache Kommune bereits fünf Millionen Euro bereitgestellt. Wie die weiteren Bauphasen finanziert werden, ist bislang aber noch unklar. Gegen das Bibelturmprojekt hatte eine Bürgerinitiative knapp 10?000 Unterschriften von Mainzer Bürgern gesammelt. Das von den Gegnern angestrebte Bürgerbegehren wurde von der Stadtspitze aus formalen Gründen Ende 2017 abgelehnt, der Stadtrat stimmte aber dafür, selbst einen Bürgerentscheid zu initiieren. epd

 

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