Mit Blazer und Kreuzbrosche im Dienst am Nächsten

Corinna Kloss ist seit mehr als 100 Tagen „Diakonisse neuer Form“ – Mehrere Frauen und Männer an diakonischer Lebensform interessiert

Auf positive Resonanz gestoßen: Pfarrerin Corinna Kloss aus Speyer hat sich für ein Leben in einer diakonischen Gemeinschaft entschieden. Als Diakonisse will die Mutter von drei Kindern mit Gleichgesinnten für die Mitmenschen arbeiten. Foto: Landry

Auf den ersten Blick ist Corinna Kloss nicht als Diakonisse, als evangelische Schwester, erkennbar. Statt mit grauem Schwesternkleid und Häubchen verrichtet sie seit etwas mehr als 100 Tagen ihren Dienst an den Mitmenschen in Zivil: dezenter, dunkler Blazer und Hose, eine weiße Bluse. Auffällig ist nur die Kreuzbrosche um ihren Hals, „das verbindende Element unserer Gemeinschaft“, wie sie sagt. Die 38-jährige Pfarrerin ist die erste „Diakonisse neuer Form“ in der pfälzischen Landeskirche.

Seit Pfingsten hat sich die mehr als 150 Jahre alte evangelische Schwesterngemeinschaft in der Pfalz gewandelt und sich auch für Männer zu einer verbindlichen diakonischen Gemeinschaft geöffnet. Wegen Überalterung und Nachwuchsmangel war eine Reform der Diakonissen nötig geworden, die dem Kaiserswerther Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuser angehören.

Fünf protestantische Frauen und drei Männer haben sich bereits für einen zweijährigen Ausbildungskurs gemeldet, der im November startet, berichtet Pfarrerin Kloss, die Referentin der Oberin Schwester Isabelle Wien ist. Insgesamt gebe es 15 Interessenten für das Ehrenamt der „Diakonisse neue Form“ und des „Diakons der Diakonissen Speyer-Mannheim“, die sich um arme, alte und kranke Menschen kümmern. Das Ausbildungsseminar wird gemeinsam mit dem Missionarisch-Ökumenischen Dienst der Landeskirche gestaltet.

Die Mitglieder der Gemeinschaft leben zwar an verschiedenen Orten. Doch ihr geistliches Zentrum ist das Speyerer Mutterhaus, wo sie sich regelmäßig zum Austausch oder zu Gottesdiensten und Rüstzeiten treffen. Sie verpflichten sich nicht zu Ehelosigkeit, Gehaltsverzicht und Verfügbarkeit, wie es bei den bisherigen Diakonissen der Fall gewesen ist. „Auf sehr positive Resonanz“ sei sie in der Öffentlichkeit als neue Diakonisse gestoßen, erzählt Corinna Kloss, die verheiratet und Mutter von drei Kindern ist. Die Pfälzer schätzten die traditionsreichen Schwestern noch immer sehr, die an ihren Dienstorten segensreich gewirkt hätten und nun den Schritt in eine gute Zukunft wagten.

Auch Oberin Isabelle Wien bekräftigt, dass der Wandel der Diakonissen bei vielen Menschen „als Aufbruch wahrgenommen“ werde. Die Schwesternschaft habe sich zwar „sichtbar verändert, aber das Signum bleibt“, beteuert die 45-Jährige. An Pfingsten hatte sie symbolisch bei einem „Tag der Gemeinschaftserneuerung“ in Speyer ihre Schwesterntracht abgelegt.

Ein Großteil der Frauen und Männer, die sich nun der Gemeinschaft anschließen wollten, stehe im Berufsleben, habe Familie und engagiere sich im sozialen Bereich, sagt Pfarrerin Kloss. Die Menschen im Alter zwischen 30 und bis über 60 Jahren wollten ihren eigenen Glauben vertiefen. Vor allem suchten sie den engen, freundschaftlichen Kontakt zu Menschen, die ähnliche Werte und Anliegen wie sie teilen.

Die Diakonissen und Diakone könnten über ihre Einsatzgebiete frei entscheiden: Möglich seien die Mitarbeit in Einrichtungen der Diakonie, Besuchsdienste oder die Hospizarbeit, zählt Kloss auf. Zusätzlich zur neuen diakonischen Lebensform hat sich die Gemeinschaft der Diakonischen Schwestern und Brüder der Diakonissen Speyer-Mannheim ökumenisch für Menschen aller christlichen Konfessionen geöffnet.

Etwas Wehmut beschleicht manche der älteren Schwestern im Ruhestand schon, dass die Diakonisse in Schwesterntracht eines Tages Geschichte sein wird. Die „Erwartung, was nun kommt,“ sei hoch, sagt Schwester Gertraud (80). Auch wenn ihr das Herz etwas schwer sei, sei der Wandel der Schwesternschaft dennoch „eine gute Sache“, ergänzt Schwester Waltraud – mit 73 Jahren die jüngste der 20 traditionellen Diakonissen.

Eine Teilnahme an dem ersten kostenlosen Ausbildungskurs am 18. und 19. November ist noch möglich. Er endet mit einer Einsegnung in einem Gottesdienst an Christi Himmelfahrt 2019. Weitere Informationen erteilen Oberin Wien unter der Telefonnummer 06232/22-1205, E-Mail: isabelle.wien@diako­nis­sen.de und Pfarrerin Kloss unter Telefon 06232/22-1214, E-Mail: corinna.kloss@diakonissen.de. Alexander Lang

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