Mit Kollegen in aller Welt in Kontakt

Rund 1500 Vornamen ist der Siegelbacher Pfarrer Andreas Brosch für ein Buch auf den Grund gegangen

Bietet auch Workshops zur Bedeutung von Namen an: Pfarrer Brosch. Foto: Böhm

Andreas Brosch interessiert sich für Namen, eigentlich für Wörter und deren Herkunft im Allgemeinen. Und er mag Taufen. „Die finde ich richtig toll“, sagt der Pfarrer der Gemeinde Kaiserslautern-Siegelbach. Bereits das Kennenlernen der jungen Eltern, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, findet er wichtig und faszinierend. Daraus erwuchs schon in den 1990er-Jahren das, was heute in ein Buch gemündet ist: Brosch machte sich über Vornamen schlau, sprach mit Eltern von Täuflingen darüber, verwendete dies in der Taufansprache.

Dann fing er an, den Familien kleine Karten auszudrucken mit den wichtigsten Informationen zum Namen. Damals war neben dem Bild eines prominenten Namensträgers und einem passenden Bibelwort auch die Thaleischweilerer Kirche, seine frühere Wirkungsstätte, abgedruckt. Das Namensarchiv wuchs nebenbei auch durch Broschs Kolumne „Vornamen und ihre Geschichte“, die er von 2002 bis 2006 für die „Pirmasenser Zeitung“ schrieb, bevor er zu einem Sabbatjahr in die USA ging, schließlich mit seiner sechsköpfigen Familie über die Kirchengemeinden Hohenecken und Dansenberg nach Siegelbach fand.

Die kleinen Karten sowie ausführlichere Namensbriefe will der 60-Jährige neben seinem Buch, dessen Verwirklichung vier Jahre gedauert hat, weiter vertreiben – sowohl über den Verlag als auch über seine eigene Internetseite. Das sei vor allem was für Pfarrer oder Lehrer, meint Brosch. Er selbst hat die Namenskarten gerne an Schüler verschenkt, als er noch im Schuldienst war. Mit ihrem Namen im Mittelpunkt zu stehen, erlebten Menschen als große Wertschätzung, ist der Pfarrer überzeugt, der auch einen Workshop anbietet: „Die wunderbare Welt der Vornamen – oder: Warum Amerika eigentlich Heinrich heißt“.

Passt die Namensbedeutung, geht er auch schon mal bei einer Beerdigung darauf ein. Jubilare erfreut er zudem mit Namenskarten. „Mancher Walter musste warten, bis er 80 oder 90 wurde, um zu erfahren, dass sein Name aus den beiden Teilen ,Herrscher‘ und ,Heer‘ zusammengesetzt ist“, erklärt der Pfarrer. Viele deutsche Namen seien nämlich Kombinationen von Namenswörtern wie helm, ing, lind oder sieg. 90 davon sind in seinem Buch in grau hinterlegten Kästen erklärt. „Das findet man sonst nirgends“, betont Brosch.

Noch etwas sei in seinem Buch anders als in anderen: Am Ende gibt es ein Verzeichnis von Bedeutungen wie Liebe, Heimat, Kraft und vielen mehr, nach denen werdende Eltern auch einen Namen nach Bedeutung heraussuchen können, nicht wie sonst meist üblich nach Klang, Mode oder Familientradition. Doch soll das Buch mehr sein als eine Hilfe bei der Namenssuche. Es sei als Schmöker geeignet, für die ganze Familie, meint der Autor. Dass er mit 1500 Namen nicht mit jenen Werken konkurrieren kann, die mit 10000 und mehr Vornamen werben, ist Brosch klar. Er setzt auf Klasse statt Masse – und hat als Pfarrer durch seine Latein-, Griechisch- und Hebräischkenntnisse die Möglichkeit, vielen Namen wirklich auf den Grund zu gehen, bemüht Religion und Soziologie, Geschichte und Philosophie. „Bei Keltisch muss ich sprachlich natürlich passen“, sagt Brosch. Er setzte aber auf Quellen aus dem Land selbst, sei außerdem mit Kollegen aus verschiedenen Teilen der Welt sowie mit bekannten deutschen Namensforschern in Kontakt – denen er auch schon den einen oder anderen Fehler in ihren Namensinterpretationen habe nachweisen können, berichtet er nicht ohne Stolz.

Ein „unglaubliches Bedürfnis nach Individualität“ hat Brosch bei den Namensgebungen in den vergangenen Jahren bemerkt, alte deutsche Namen seien ebenso beliebt wie internationale – und viele davon sind in seinem Buch zu finden, denn er will die ganze Breite abbilden, sich längst nicht auf christlich-kirchliche Namen konzentrieren. Neue kommen in seine Sammlung stets dazu, vor allem durch die Täuflinge, ­deren Namensbedeutungen übrigens auch im Gemeindebrief abgedruckt werden – und dort beschäftigt sich Brosch in der Rubrik „Siegelbacher Namen“ nicht nur mit Vor-, sondern auch mal mit Nachnamen. Alessia hat er neulich erforscht, Runya beschäftigt ihn zurzeit. Beide könnten dann in einer zweiten Auflage des Buchs zu finden sein, die es aber erst geben kann, wenn die aktuell gedruckten 2000 Bücher verkauft sind. Astrid Böhm

Andreas Brosch: Unsere Vornamen – und was sie uns erzählen – 1500 Namen von biblisch bis modern. Brunnen-Verlag, Gießen, 2018. 396 Seiten, 22 Euro. ISBN 978-3-7655-0995-7

Namenskarten von mehr als 1500 Vornamen soll es in Kürze zu etwa zwei Euro, Namensbriefe von rund 300 Vornamen im Din-A-4-Format zu etwa zehn Euro geben über Broschs Homepage: www.unsere-vornamen.de.

Saulus wurde gar nicht zu Paulus

In der Bibel haben die meisten Namen eine Bedeutung, die oft auf die Rolle des Namensträgers hinweist. So bedeutet Adam „Mensch“, und tatsächlich handelt es sich ja um den ersten Menschen, den Gott geschaffen hat. Einer seiner Söhne heißt Abel, was „Hauch“, „Nichts“ oder „Vergeblichkeit“ bedeutet; dieser wird in jungen Jahren von seinem Bruder Kain erschlagen.

Manchmal werden in der Bibel Namen von Gott geändert, weil der Träger des Namens eine neue Rolle spielt und der alte Name dieser Rolle nicht mehr angemessen ist. So hieß der Erzvater Abraham ursprünglich Abram, was so viel bedeutet wie „der Vater ist erhaben“ oder „er ist höher als sein Vater“. Dann ergeht Gottes Verheißung reicher Nachkommenschaft an Abram, weshalb ihm Gott den neuen Namen Abraham gibt, was „Vater vieler Völker“ bedeutet. Abrahams Enkel Jakob betrog als junger Mann seinen Vater und seinen Bruder, musste daraufhin lange Jahre in der Fremde büßen und brachte schließlich Gott in einem nächtlichen Kampf dazu, ihn zu segnen. Dieser gab ihm daraufhin den Namen Israel, was „Kämpfer für Gott“ bedeutet.

Die wohl bekannteste biblische Namensänderung war allerdings gar keine. Saulus wurde gar nicht zu Paulus, denn er blieb nach seinem berühmten Damaskuserlebnis im 9. Kapitel der Apostelgeschichte auch weiterhin Saulus. Zwar hatte die Begegnung mit Jesus, die ihn für drei Tage erblinden ließ, seine Lebenseinstellung geändert, aber nicht seinen Namen. Der Name Paulus taucht erst vier Kapitel später auf: „Saulus aber, der auch Paulus heißt …“ Die Begründung dürfte sein, dass Paulus in zwei Kulturen lebte, der jüdischen und der römischen. Als Jude aus Kleinasien hieß er Saulus, was auf Hebräisch „der Erhabene“ bedeutet. Als römischer Bürger legte er sich, wie viele Juden damals, auch einen im römisch-hellenistischen Umfeld gebräuchlichen Namen zu, nämlich Paulus, was auf Griechisch „der Kleine“ heißt. Tatsächlich soll Paulus ja von kleiner Gestalt gewesen sein. mas

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