Jede Weltreligion gibt dem Atem besondere Bedeutung

Pfarrer Benno Scheidt bietet in der Rehaklinik Blieskastel-Lautzkirchen Atemmeditationen an – Mehr Teilnehmer als in seinen Gottesdiensten

Führt in seinen Meditationen durch den menschlichen Körper: Klinikpfarrer Benno Scheidt (hinten links). Foto: von Waldow

„Atme tief ein und wieder aus.“ 23 Patienten in der Rehaklinik Blieskastel-Lautzkirchen folgen den meditativen Anleitungen von Pfarrer Benno Scheidt. Sie liegen oder sitzen bei gedämpftem Licht in einem ruhigen Raum – bequem und entspannt. Der Krankenhaus-Seelsorger selbst sitzt im Schneidersitz auf einem Meditationskissen auf dem Boden. Mit einfühlsamer Stimme führt er die Gruppe auf eine Reise durch ihren menschlichen Körper. Er lädt sie ein wahrzunehmen, wie die Atemluft strömt: das Geräusch zu hören, den Luftzug zu fühlen, die Atemluft auf dem Weg in die Lunge zu verfolgen, sich den Luftaustausch von Sauerstoff und Stickstoff dort bewusst zu machen und den Atem auf dem Weg zurück aus dem Körper hinaus mit ihrer Aufmerksamkeit zu begleiten. Anschließend sind die Teilnehmer eingeladen, zu verfolgen, wie ihr Herz schlägt, zu lauschen, wie es das Blut durch die Adern pumpt, hinein in die einzelnen Körperteile.

Benno Scheidt führt in seiner Atemmeditation von den Zehen bis zum Scheitel. Dann geht es in der Wahrnehmung zurück in die Zeit als Fötus im Mutterleib. Nach 40 Minuten Tiefenentspannung weckt er die Teilnehmer mit dem sanften Anschlagen seiner Klangschale behutsam wieder auf. „Viele Menschen spüren hierbei zum ersten Mal ihren Körper und auch sich selbst ganz bewusst, eine völlig neue Selbsterfahrung“, weiß der Geistliche, der über eine therapeutische Zusatzausbildung verfügt. Er fordert auf, ganz tief auszuschnaufen und loszulassen und atmet es auch geräuschvoll vor. Irina Rudi, wegen Angstattacken in der Psychosomatischen Klinik, ist in sich eingesunken. „Ich war kurz im Tiefschlaf“, freut sie sich. „Das erleben viele, sogar Menschen, die sonst unter Schlafstörungen leiden“, weiß Benno Scheidt um die Wirkung. Auch Anna Petralito tat die Tiefenentspannung nach ihrem Bandscheibenvorfall sehr gut. Sie freut sich schon auf die nächste Atemmeditation.

Im Durchschnitt 19 Teilnehmer schickt Benno Scheidt, der seit sechs Jahren als Seelsorger in der Bliestalklinik arbeitet, jeden Donnerstag für 40 Minuten in die meditative Entspannung und führt sie damit in Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit ein. „Damit erreiche ich mehr Menschen als mit den Gottesdiensten. Da sind es im Durchschnitt 13 Personen“, schildert er. Er hat die Meditation für sich als einen wertvollen Weg entdeckt und freut sich, dass er bei der Klinikleitung und dem Klinikteam gute Unterstützung findet. Bei jeder Klinikvorstellung für neu angekommene Patienten im psychosomatischen Bereich ist der Klinikpfarrer dabei. In der Atemgruppe kontaktieren ihn mehr Menschen als in Einzelgesprächen. Wichtig sei es, den Menschen zuzuhören, damit sie sich von der Seele reden können, was sie belastet. Als die Klinikleitung einen Mangel an spirituellen Angeboten für ihre Patienten feststellte, bot Benno Scheidt zusätzlich auch eine offene Gesprächsgruppe an. Gemeinsam mit der Oberärztin Gabriele Lipka-Stöhr ermöglicht er nun Patienten in einem Gesprächskreis unter dem Motto „Psychotherapie und Religion“, ihre Anliegen auf psychischer, spiritueller wie auch religiöser Ebene zu thematisieren. Auch das werde von durchschnittlich 13 Personen sehr gut angenommen.

„Atem ist Leben!“, sagt Benno Scheidt. Jede Weltreligion messe dem Atem besondere Bedeutung bei. In dieser Meditation könnten Menschen das Wunder der Schöpfung kennen- und auch begreifen lernen. „Allein der Gasaustausch in der Lunge ist ein Wunder“, führt er aus. Spiritualität und Religion gehören für ihn zusammen. „Mich auf das Einfache konzentrieren“ hält er für wertvoller als manche Beschäftigung mit globalen Themen. Die Rückmeldung seiner Teilnehmer an der Atemmeditation sei durchweg positiv. cvw

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