Glaube und Gemeindearbeit werden im Film lebendig

Pfarrer Wolfram Kerner betreibt seinen eigenen Kanal auf Youtube – Praktische Hilfe für Gemeinden und theologische Fragestellungen

Kamera läuft: Für den Youtube-Kanal wird Wolfram Kerners Pfarrbüro in Fußgönheim kurzzeitig zum Filmstudio. Foto: pv

Wenn abends die Kinder im Bett sind und die Telefone schweigen, wird Wolfram Kerners Pfarrbüro zum Filmstudio. „Theologo“ heißt der Youtube-Kanal, den der Fußgönheimer Pfarrer gestartet hat. Mindestens einmal pro Woche stellt Kerner ein neues Video ein. Die Inhalte, um die es geht, sind so breit gefächert wie der Pfarrberuf selbst: von Band- und Jugendarbeit in der Gemeinde über theologische Fragestellungen bis hin zu Tipps für die Arbeit mit Konfirmanden.

Experimentierfreudig und technikbegeistert war Kerner schon immer, schnitt als Theologiestudent im Offenen Kanal Radiobeiträge, erzählt er. Als er sich dann im vergangenen Jahr selbst das Bassspielen für die Bandarbeit in der Kirche beibringen musste, weil ein Jugendlicher aus der Gruppe ausschied, merkte er, wie hilfreich kurze Filme auf Youtube waren.

„Das müsste man mit anderem Inhalt für Theologen oder Presbyter machen“, war die Idee, die den Pfarrer über Weihnachten und Neujahr umtrieb. Schließlich gebe es oft genug interessante Inhalte von Glaubenskursen etwa, aber die Zeit fehle, hinzugehen. In den Filmen habe man die Möglichkeit, komplexe Sachverhalte knapp und verständlich wiederzugeben.

Im Januar dann fing Kerner einfach an. Besorgte Kamera, Scheinwerfer und ein Schnittprogramm; Mikrofone und weitere Technik waren dank einer Spende eines Gemeindemitglieds für die Bandarbeit bereits vorhanden. Und nach ersten technischen Schwierigkeiten wurde das Hochladen immer einfacher, sagt Kerner. So hat sich der geplante Rhythmus mit einem Clip pro Woche sogar noch erhöht. Dass er als Pfarrer frei predigt – mit einer Mindmap als Orientierung – zahlt sich aus. „Ich habe natürlich keinen professionellen Fernsehkanalanspruch“, sagt Kerner. Aber vielleicht auch gerade dadurch wirken die Beiträge wirklichkeitsnah.

Zwischen 70 und mehr als 400 Klicks haben die einzelnen Beiträge aktuell, wobei ihm weniger diese Zahlen wichtig sind als Rückmeldungen aus der Gemeinde oder der Landeskirche, die auch schon darauf aufmerksam geworden ist. Längst sei das Internet nicht mehr nur Sache einer mit der Technik groß gewordenen Generation, merkt Kerner an. Ein Gemeindemitglied jenseits der 70 habe den Youtube-Kanal abonniert, aus Mainz bekam er Rückmeldung, dass seine „Fünf Methoden zum Bibellesen“ im Konfirmandenunterricht gut ankamen.

Ideen für weitere Beiträge fliegen ihm dort zu, wo er als Pfarrer unterwegs ist. Bei einem Treffen im Netzwerk „Church Convention“, das über neue Ideen für Gemeinden nachdenkt, entstand die Idee für einen Beitrag zu zehn Tipps für effektives Arbeiten im Pfarrberuf; ein Gottesdienst war Impuls für eine Miniserie zum Thema Gottesbeweis mit Gottfried Wilhelm Leibniz, Hans Jonas und Victor Frankl. Für alle, die tiefer ins Thema einsteigen möchten, verweist er auf weiterführende Literatur. Dazu findet Kerner immer wieder Interviewpartner – wie eine Mystikerin auf einer Fortbildung. Völlig allein in den Videos ist er ohnehin nicht immer. Auch die Jugendlichen in der Kirchengemeinde werden in Clips eingebunden, erzählen, was für sie die Mitarbeit im Team bedeutet, sei es als Bandmitglied oder auf Konfirmandenfreizeiten. Bei komplexeren Drehs, in denen Kerner zu sehen ist, übernimmt ein Jugendmitarbeiter die Kamera.

All die verschiedenen Clips und Ideen ersetzten natürlich nicht das persönliche Gespräch, auch wenn sie die Arbeit von Pfarrern oder den eigenen Blick auf den Glauben oder die Kirchengemeinde bereichern könnten, sagt Kerner. Auch deshalb will er zukünftig auch Themenabende in der Kirchengemeinde anbieten. Vor einer entsprechenden Diskussion könnte dann eben eines jener inzwischen mehr als 20 Videos laufen, die im Youtube-Kanal zu sehen sind; in denen Kerner ganz nebenbei eine Lanze für den abwechslungsreichen Pfarrberuf bricht – inklusive Motorradfahrt durch die eigene Pfarrgemeinde. flor

www.theologo.de

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