Gemeinsam bereits im Vorfeld Krisen entschärfen

Neue Jugend- und Familienberatungsstelle von protestantischer Kirchengemeinde und Landkreis Bad Bergzabern ist schon stark nachgefragt

Haben ein offenes Ohr für Kinder und Jugendliche: Die Sozialarbeiterinnen Tina Krieger (links) und Ulrike Brunck. Foto: Iversen

Im Bereich der Stadt Bad Bergzabern an der Südlichen Weinstraße besteht seit Jahren eine überdurchschnittliche Verdichtung von Fallzahlen bei den Hilfen zur Erziehung und Kinderschutzfällen. Das sagen der Bad Bergzaberner Dekan Dietmar Zoller und Landrat Dietmar Seefeldt. Hannelore Schlageter, im Kreishaus in Landau zuständig für Erziehungshilfe, Kinderschutz und Familienberatung, nennt für Bad Bergzabern einen Anteil von zehn Prozent am gesamten Landkreis. Im Bereich des Kinderschutzes seien es gar 14 Prozent. Auch aus diesem Grund wurde nun von protestantischer Kirchengemeinde Bad Bergzabern und dem Landkreis eine Beratungsstelle für Familie und Jugend eröffnet. Träger ist die Kirchengemeinde, finanziert wird sie vom Landkreis.

Ulrike Brunck und Tina Krieger, die am vergangenen Sonntag in einem Gottesdienst in der Bergzaberner Marktkirche zusammen mit Ursula Roos als Sozialarbeiterinnen innerhalb der Diakonie Bad Bergzabern eingeführt wurden, helfen dort Müttern und Vätern, die Probleme mit ihren Kindern haben genauso wie jungen Menschen, die mit Eltern nicht klarkommen. Ziel im Vorfeld sei gewesen, eine regionale Beratungs- und Anlaufstelle für Familien mit niedrigschwelligem Zugang direkt am Lebensort der Menschen zu schaffen, sagen Zoller und Seefeldt. Und der Bedarf ist da. Nach Angaben von Ulrike Brunck hat es innerhalb weniger Wochen nach der Eröffnung im September bereits nahezu 30 Fälle gegeben, bei denen nach Beratung, Hilfe und Unterstützung gefragt worden sei.

Familien mit Unterstützungsbedarf würden durch die Infrastruktur der Kleinstadt und Wohnungen mit niedriger Miete angezogen, erklärt Schlageter den großen Bedarf in Stadt und Landkreis. In den zurückliegenden Jahren seien beispielsweise im Bereich der Klinik zunehmend Kurappartements in Wohnraum umgewandelt worden. Dort würden aufgrund der niedrigen Wohnqualität und demzufolge niedrigen Mieten insbesondere Personen und Familien mit geringem Einkommen einziehen, sagte er.

Seefeldt und Zoller verstehen die Jugend- und Familienberatung „als ein neues Instrument der Hilfe und Erziehung des Jugendamts“. Dennoch seien die Mitarbeiterinnen auch gegenüber dem Jugendamt zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dessen Mitarbeiter wiederum könnten mit den Fachkräften des Beratungszentrums Lösungswege entwickeln. Die methodischen Ansätze sind aufsuchende Sozialarbeit, allgemeine Erziehungsberatung, Krisenintervention, Einzelgespräche und Gruppenangebote. Die Familienberatung der Kirchengemeinde Bad Bergzabern sei „als präventive Maßnahme“ gedacht. Mit vorbeugenden und vor allem zeitnahen Interventionen soll verhindert werden, dass sich Problematiken vergrößern oder verfestigen, so Dekan Zoller. Ziele seien das frühe Erkennen von Hilfebedarf, die nachhaltige Verbesserung der Lebenslage von Familien und Einzelpersonen sowie das frühe Erkennen, wenn Kinder und Jugendliche gefährdet sind.

Als Zielgruppe nennen Brunck und Krieger Familien mit Kindern, die in sozial und wirtschaftlich benachteiligten Situationen leben, Migranten ohne oder nur mit mangelnder Integration und Jugendliche, die eigenen Beratungsbedarf hätten. Kinder und Jugendliche würden beispielsweise unterstützt, wenn sie Stress mit Freunden oder Mitschülern hätten, gemobbt würden oder Probleme in der Schule hätten. Konflikte in der Familie, persönliche Krisen oder Beeinträchtigungen seien ebenfalls ein Thema.

Hinweise auf solche Fälle bekommt die Beratungsstelle vom Jugendamt, Kindertagesstätten, Schule oder Polizei. Die Beratung ist kostenfrei und unabhängig von Nationalität und Religion. „Kinder und Jugendliche finden hier jemanden, dem sie etwas ohne Angst anvertrauen können“, sagt Ulrike Brunck. Gerhard Sommer

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