Facelifting für barocke Schönheiten

Die Senn-Orgel Albsheim muss dringend saniert werden – Stumm-Orgel Mühlheim klingt wieder prächtig

Die Sanierung im Blick: Pfarrer Martin Theobald vor der Orgel in Albsheim. Foto: Benndorf

Sie ist in der Tat eine schlummernde Schönheit und zudem beheimatet im Schattenwurf der nach umfassender Restaurierung gerade wie Phönix aus der Asche erblühten Schwester im benachbarten Mühlheim: die Orgel der barocken Kirche in Albsheim an der Eis. Nachweislich ist sie das älteste Instrument seiner Art in einer protestantischen Kirche der Pfalz.

Johann Valentin Senn, Orgelbaumeister aus Thüringen, hatte die über acht Register verfügende, einmanualige Orgel um 1730 während einer Schaffensperiode in Seebach bei Bad Dürkheim erbaut. Zur historischen Substanz zählen laut Gero Kaleschke, Orgelbausachverständiger der Landeskirche, neben dem barocken Prospekt die Windladen und ein Teil des Pfeifenwerks. Natürlich habe es, vor allem im 18. Jahrhundert, mehrere Umbauten gegeben, die 1980, bei der letzten Restaurierung durch die Kaiserslauterer Firma Zimnol, teils wieder zurückgenommen worden seien, erklärt der Experte. Das Instrument, mittlerweile dringend sanierungsbedürftig, ließe sich zwar in den barocken Urzustand zurückversetzen. Allerdings sei bei der Rettung des Kleinods Vorsicht geboten, sagt Kaleschke.

Pfarrer Martin Theobald, der die im Januar 2013 fusionierten Gemeinden Asselheim, Mühlheim und Albsheim als Ganzes im Blick hat, weiß wohl um die Dringlichkeit der Orgelsanierung. Freilich – wer in seinem Sprengel mit historischen Kostbarkeiten gleich mehrfach gesegnet ist, kommt nicht umhin, konsequent Prioritäten zu setzen. Denn die Kirchengemeinde hat erst unlängst in einer weiteren Kirche eine Rettungsmaßnahme historischen Ausmaßes mit Bravour gestemmt: 2016 musste die 1991 originalgetreu restaurierte barocke Stumm-Orgel in Mühlheim von dramatischem Schimmelbefall befreit werden. Das duldete keinen Aufschub, trotz angespannter Finanzlage.

An dieser Stelle hilft ein kleiner historischer Exkurs: Nach den flächendeckenden Zerstörungen durch die Armee Ludwigs XIV. im Französischen Erbfolgekrieg musste sich die Pfalz nach 1689 baulich quasi neu erfinden. Auf den Trümmern der Renaissance erblühte barocke Architektur. Im nördlichen Teil der Pfalz errichteten sich die Landgrafen zu Leiningen unter anderem in Mühlheim ein opulentes Schloss und dazu eine prächtig ausgestattete Kirche.

Die Orgel mit 24 Registern, zwei Manualen und Pedal schuf 1738 Johann Michael Stumm. Auch sie erlebte in der Folgezeit Umwidmungen, wurde dem Klangempfinden ihrer jeweiligen Epoche angepasst, aber schließlich 1991 – rund 500000 DM kostet das damals – weitgehend in ihren originalen Klangcharakter zurückgeführt. Beauftragt wurde damals die Bonner Orgelbaufirma Klais, die auch 2015 zur Schimmelsanierung wieder herangezogen wurde. 27000 Euro waren dafür ursprünglich veranschlagt worden. Ein harter Brocken Währung für eine kleine ländliche Kirchengemeinde. „Im Endeffekt sind wir aber mit 13000 Euro davongekommen“, berichtet der Geistliche noch heute mit unverhohlenem Stolz.

Und das haben die Mühlheimer Gemeindemitglieder ganz alleine hinbekommen. Indem sie die Orgelbauer bei sich beherbergten, bewirteten, sie mit ein wenig Pfälzer Lebensart verwöhnten. Und indem sie mitanpackten bei allen handwerklichen Vorarbeiten, beherzt in den Handwerkskasten langten und so selbst allerhand über Orgelbau lernten. „Dadurch identifizierten sich die rund 290 Gemeindemitglieder auf beispiellose Weise mit „ihrem“ Projekt Orgel“, schwärmt Martin Theobald.

Ähnliches schwebt ihm auch für Albsheim und die Sanierung der Senn-Orgel vor. Sie ist im Übrigen nach wie vor spielbar und hat in Michael Heppes einen versierten und überaus engagierten Organisten. Eine umfassende Restaurierung, mit Rückbau auf die spätromantische Version, allerdings unter Beibehaltung des barocken Prospekts, werde favorisiert, so der Pfarrer. Dieses „mittlere“ von drei Sanierungskonzepten war bereits vor Jahren mit 50000 bis 70000 Euro veranschlagt worden.

Eine kleine Lösung sähe lediglich Reinigung und partiellen Austausch von Elementen vor. Die große, sehr viel kostspieligere Maßnahme dagegen würde in den Rückbau auf das Originalformat münden. So oder so: Man werde noch fleißig sammeln und sparen müssen, räumt der Pfarrer ein.

Benefizveranstaltungen wie etwa der Adventsmarkt, Bewirtschaftung der Waldgaststätte und Initiativen ähnlich der „Stiftung Orgelklang“ für Mühlheim sollen die Identifikation der Menschen mit dem Projekt fördern helfen. Auch einen Förderverein gibt es. „Wir sind uns der historischen Verpflichtung durchaus bewusst und auch der Chance der kulturellen Gestaltungsmöglichkeiten, die eine intakte Orgel zweifelsohne eröffnet“, sagt Theobald, der seit 17 Jahren Ortspfarrer ist. Und auch das: „Als Pfarrer dieser Gemeinden muss man sich für die Orgeln interessieren, sonst gehört man nicht hierher.“ Gertie Pohlit

Orgelbaumeister und ihre Werke in der Pfalz

Wenig Biografisches ist zu erfahren über den Orgelbauer Johann Valentin Senn, dessen Familie wohl einst aus Tirol in die Pfalz übersiedelt war. Aus seiner Werkstatt in Seebach bei Bad Dürkheim jedenfalls belieferte der Meister in den 30er und 40er Jahren des 18. Jahrhunderts etliche Gemeinden vor allem in der Nordpfalz und im Rheingau mit seinen Instrumenten.

Es waren dies meist kleine, barocke Kostbarkeiten wie die 1730 in Dienst genommene Albsheimer Orgel oder auch jene in der gotischen Pfarrkirche im nordpfälzischen Steinbach, die ebenfalls aus dieser Zeit stammt. Und wen der Klang der mehrfach restaurierten Orgel in der katholischen Pfarrkirche St. Pankratius in Berghausen verzaubert, sollte wissen, dass sie im Kern das Werk Johann Valentin Senns ist, der sie 1741 im Auftrag der Protestantischen Kirchengemeinde Lambsheim für die damalige Simultankirche schuf. Von dort wurde sie 1844 nach Berghausen veräußert.

Valentin Senn übrigens befand sich in belebendem Wettbewerb mit etlichen Meistern seines Fachs. Dazu zählen in der Pfalz Ignatius und Johann Philipp Seuffert oder Johann Michael Hartung, dessen Instrumente unter anderem in der Christuskirche Haßloch, in Kirchheim, Edenkoben und Großkarlbach erklingen; dazu kommt die Orgeldynastie Stumm mit Werken unter anderem in Kirchheimbolanden, Contwig und Mühlheim. gpo

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