Stabwechsel am evangelischen Institut

Anja Diesel übernimmt Leitung von Volker Elsenbast – Erziehungswissenschaft im Auftrag der Kirchen

Heimstätte des Erziehungswissenschaftlichen Fort- und Weiterbildungsinstituts (EFWI): Das Butenschoen-Haus in Landau. Foto: Krauß

Ablösung: Anja Diesel folgt auf Volker Eisenbast.

Gründungsdirektor: Botho Herrmann.

Warum die drei evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz eine eigene Einrichtung für die Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern an staatlichen Schulen benötigen, steht für Anja Diesel außer Frage. Auftrag der Kirchen sei es, das Leben der Gesellschaft mitzugestalten – und dazu gehörten auch fächerübergreifende Bildungsangebote für die Lehrerschaft, sagt die 55-jährige promovierte Theologin, die in Ruppertsberg im Landkreis Bad Dürkheim wohnt. Sie war zuletzt Schulreferentin im Evangelischen Kirchenkreis Koblenz – am 1. Oktober hat sie die Leitung des Erziehungswissenschaftlichen Fort- und Weiterbildungsinstituts (EFWI) der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz in Landau übernommen.

Wichtig sei es, dass die evangelische Kirche in der Schullandschaft ihre eigene Stimme einbringe und damit ein christliches Menschenbild vertrete, betont Diesel, die im saarländischen Ottweiler geboren wurde und verheiratet ist. Sie tritt die Nachfolge von EFWI-Direktor Volker Elsenbast (64) an, der zum Jahresende in den Ruhestand geht.

Seit 1972 unterhalten die Evangelische Kirche der Pfalz, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und die Evangelische Kirche im Rheinland gemeinsam das Bildungsinstitut auf dem Landauer Butenschoen-Campus, das mit Landesmitteln gefördert wird. Schwerpunkte sind die pädagogische Schulentwicklung, die Förderung von Lernkompetenzen, Religionspädagogik, Schulseelsorge sowie die pädagogisch-psychologische Beratung. Im Weiterbildungskurs „Evangelische Religion“ können sich Lehrkräfte aller Schularten berufsbegleitend für das Erteilen von Religionsunterricht qualifizieren.

Ihr persönlich sei es wichtig, die Lehrkräfte an den Schulen in ihrer oft schweren und aufreibenden Arbeit mit guten Bildungsangeboten zu stärken, sagt Diesel, die der Leitungskonferenz des Pädagogisch-Theologischen Instituts (PTI) der Evangelischen Kirche im Rheinland in Bonn-Bad Godesberg angehört. Die Corona-Krise habe deutlich vor Augen geführt, dass die Pädagoginnen und Pädagogen aller Schularten „systemrelevant und aller Unterstützung wert“ seien.

Sehr gut gebucht seien die Kurse und Studientage des EFWI, die von vier fest angestellten Dozentinnen und Dozenten sowie einer großen Referentenschar gestaltet werden. Viele Schulen bauten ihre Schulseelsorge aus und seien dankbar für die Beratung im Umgang mit Krisenfällen. Groß sei zudem das allgemeine Themenspektrum für die Schulen, das von sozialem Lernen und politischer Bildung, der Förderung von Integration benachteiligter Schülerinnen und Schüler bis zur Stärkung der Beratungskompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern sowie ihrer Gesundheit reiche. Die meisten religionspädagogischen Angebote würden von Mitveranstaltern abgedeckt, etwa den Religionspädagogischen Instituten und Schulreferaten der Landeskirchen sowie dem PTI in Bonn. Auch für das EFWI habe die Corona-Krise die Entwicklung digitaler Fort- und Weiterbildungsangebote enorm vorangebracht, sagt Diesel. Künftig werde man auf einen guten Mix von Onlineformaten sowie Angeboten vor Ort in Landau setzen. Der unmittelbare Kontakt und Austausch der Teilnehmer bleibe aber unverzichtbar.

Etwas kritischer sieht die vergangenen Monate Volker Elsenbast, der den Staffelstab am Landauer Institut bereits übergeben hat. Die offizielle Einführung und Verabschiedung ist für Sonntag, 22. November, geplant. Elsenbast meint, dass digitale Angebote nur begrenzt möglich gewesen und begrenzt erfolgt seien. Wie Diesel setzt er auf einen guten Mix der Formate und rechnet mit einem erhöhten Investitionsbedarf.

Elsenbast, 1954 in Kaiserslautern geboren, ist Pfälzer Pfarrer. Schon nach seinem Vikariat kam er 1984 als wissenschaftlicher Mitarbeiter ans EFWI. Nach einigen Jahren an der Stiftskirche in Landau wechselte er 1991 ans Comenius-Institut in Münster, dessen Leitung er 2002 übernahm. Das international tätige Forschungsinstitut wurde 1954 von evangelischen Lehrer- und Erzieherverbänden mit Unterstützung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegründet. 2015 kam Elsenbast zurück nach Landau, wo er das EFWI von Direktor Günter Geisthardt übernahm. Damals fasste er in seiner Einführungsrede das pädagogische Glaubensbekenntnis des Instituts in die Worte: „Wir sind der Überzeugung, dass Gott das Beste für seine Menschen möchte – also auch die beste Erziehungswissenschaft.“ Alexander Lang/KB

Evangelischer Pfeiler im pluralen Bildungskonzept des Landes

Institute folgen auf Ende der Konfessionsschulen – Direktor Botho Herrmann richtungsweisend – Teil des diakonischen Auftrags in der Welt

Im Unterschied zu anderen Bundesländern hat Rheinland-Pfalz in den 1970er Jahren auf ein staatliches Monopol in der Trägerschaft der Lehrerfortbildung bewusst verzichtet. Zur Umsetzung eines pluralen Konzepts bot das Land den drei evangelischen Landeskirchen und den katholischen Bistümern an, mit staatlicher Unterstützung je ein Institut in evangelischer und katholischer Trägerschaft zu gründen.

Hintergrund war das Ende der Konfessionsschulen sowie der konfessionellen Lehrerausbildung. Im Jahr 1972 wurde das EFWI mit Sitz in Landau gegründet. Damit nahmen die evangelischen Kirchen ihre Mitverantwortung für den öffentlichen Bildungsauftrag im Bereich der Lehrerfort- und -weiterbildung wahr. Gemeinsam mit dem Pädagogischen Landesinstitut und dem Institut für Lehrerfortbildung der katholischen Diözesen in Mainz ist das EFWI bis heute ein Pfeiler der Lehrerfort- und -weiterbildung in Rheinland-Pfalz.

Als erster Direktor des EFWI gab der Theologe Botho Herrmann (4. Februar 1929 bis 10. März 2020) die pädagogische Richtung vor. Unter seiner Leitung (1972 bis 1991) wurden die Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer konzeptionell entwickelt, wobei er das pädagogische Handeln der Kirche stets als Teil ihres diakonischen Auftrags in der Welt verstand. Schon damals stand eine breit gefächerte Auseinandersetzung mit aktuellen Themen auf dem Programm der Tagungen und Fortbildungen. Besonderen Wert legte Herrmann auf Klausurtagungen, die zur Aktualisierung der Themenangebote, zur Neuorientierung und zur Teamarbeit genutzt wurden. Schon früh wurden Exkursionen und Studienreisen angeboten. Schwerpunkt dabei war das interkulturelle Lernen, besonders die Begegnung mit dem Judentum und dem Land Israel.

Seit Herrmann blieb die Begründung im Bildungsauftrag der Kirche für das Institut unverzichtbar. So schrieb Oberkirchenrat Hans-Dieter Holtz in der Festschrift zum 60. Geburtstag Herrmanns im Jahr 1989 über die Abkürzung EFWI: „War es ein Zufall, daß das E immer wieder mit evangelisch assoziiert wurde? Vielleicht doch nicht!“ KB

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