Friedensengel für Präsident Erdogan

von Martin Schuck

Martin Schuck

Man wüsste gerne, was der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit dem Friedensengel anstellt, den ihm Papst Franziskus bei einer Privataudienz im Vatikan geschenkt hat. Vermutlich wird er ihn schnell in der Asservatenkammer verschwinden lassen. Dabei wäre es zu wünschen, dass Erdogan über die Worte des Papstes nachdenkt, die dieser ihm bei der Überreichung gesagt hat: „Das ist ein Friedensengel, der den Dämon des Kriegs besiegt. Er ist Symbol einer Welt, die auf Frieden und Gerechtigkeit basiert“, so der Papst.

Franziskus wird dieses Geschenk mit Bedacht ausgesucht haben, denn er hat sich schon mehrfach kritisch zu Erdogans Militäraktionen gegen Kurden ausgesprochen, die unter dem Deckmäntelchen der Terrorbekämpfung bis in den Norden Syriens reichen. Aktuell gerade missbraucht Erdogan ein christliches Friedenssymbol, wenn er unter dem Namen „Operation Olivenzweig“ gegen syrische Kurden kämpft. Hier versteht es der Papst, in freundlicher Atmosphäre der Weltöffentlichkeit deutlich seine Ablehnung der türkischen Politik zu demonstrieren.

Recep Tayyip Erdogan, der Franziskus nach dessen Besuch in Istanbul 2014 bereits zum zweiten Mal getroffen hat, sieht den Papst trotz seiner Kritik als Verbündeten im Nahen Osten. Beide lehnen den Vorstoß des amerikanischen Präsidenten Donald Trump ab, der Jerusalem als Hauptstadt Israels ­anerkennen will. Mit seinem Versuch, sich dem Papst als „Anführer von 1,7 Milliarden ­Mus­limen“ gleichzustellen, weil sein Land den Vorsitz der Organisation für islamische ­Zusammenarbeit innehabe, zeigt Erdogan jedoch deutlich, dass die Friedensappelle von Franziskus ins Leere laufen werden: ­Erdogan steht weiterhin für Repression nach innen und Größenwahn nach außen.

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