Der türkische Weg zu mehr Demokratie

von Klaus Koch

Klaus Koch

Für das friedliche Zusammenleben in Europa spielt die Türkei eine wichtige Rolle. Das Land ist die Brücke vom immer noch christlich geprägten Westen zum islamischen Nahen und Mittleren Osten. Ein funktionierender und weltanschaulich toleranter Rechtsstaat Türkei kann den Beweis antreten, dass Demokratie und Islam doch zueinanderpassen. Das Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag hat diese Hoffnung wieder gestärkt. Die Türken haben den schier unaufhaltsam erscheinenden Marsch Erdogans zu immer mehr Macht zumindest vorerst gestoppt.

Die Reaktionen in Deutschland auf dieses Ergebnis waren freundlich bis enthusiastisch, mitunter auch überheblich, wenn etwa gönnerhaft attestiert wurde: Na, da schau her, die Türken können Demokratie. Doch bei aller Begeisterung darüber, dass die islamisch-konservative AKP die absolute Mehrheit klar verfehlte, bleibt es doch dabei, dass – zusammen mit der ultranationalistischen MHP – eine Mehrheit eher rechts gewählt hat. Das kann weiterhin zu Problemen beim Friedensprozess mit den Kurden und für die Meinungs- und Glaubensfreiheit führen.

Eine Schlüsselrolle für eine positive ­Entwicklung in der Türkei spielt Deutschland. Hier leben die meisten Türken außerhalb ihres Heimatlandes. Sie haben im Schnitt konservativer gewählt als ihre Landsleute daheim. Doch gerade die Türken in Deutschland haben eine wichtige Funktion als Demokratie- und Freiheitsbotschafter in ihrem Land. Auch deshalb ist es wichtig, türkischstämmige Menschen in Deutschland besser zu integrieren und ihnen Chancen für eine gerechte Teilhabe an der Gesellschaft zu eröffnen. Nur so werden sie den Wert einer freien Gesellschaft erkennen und in der Türkei davon erzählen.

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