Kaum Kampf vor der Bundestagswahl

von Klaus Koch

Klaus Koch

Wann wird’s mal wieder richtig Wahlkampf, ein Wahlkampf, wie er früher einmal war? In vier Wochen ist Bundestagswahl! Doch der Deutschen Gemüt ist davon weitgehend unberührt. Große Aufregerthemen gibt es nicht. Da kommt Sehnsucht auf nach Zeiten, in denen es scheinbar um Freiheit statt Sozialismus ging oder darum, wie linke SPD-Politiker in den 1970er Jahren forderten, die Belastbarkeit der Wirtschaft zu prüfen. 2017 ist davon nichts zu spüren. Die Aussagen der Parteien scheinen sich nur in Nuancen zu unterscheiden.

Dabei gäbe es Themen, über die zu streiten sich lohnen würde. Das Gesundheitswesen führt immer stärker zur Zwei-Klassen-Medizin. Das Rentenniveau sinkt so weit, dass auch nach einem harten Arbeitsleben das Auskommen für viele nicht sicher ist. Europa hat ein Problem mit scheindemokratischen Populisten. Die Autoindustrie, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, ist dabei, die Zukunft der Mobilität zu verschlafen. Die Bundeswehr kostet immer mehr Geld, doch Material und innere Führung sind oft mangelhaft. Die Liste der Themen, zu denen es zwei dezidiert unterschiedliche Meinungen geben kann, wäre beliebig zu verlängern.

Doch die Zeiten sind vorbei, in denen die Parteien konkrete Forderungen aufstellten und dafür um Mehrheiten kämpften. Dadurch wirken sie immer weniger bei der politischen Willensbildung mit, wie es ihr im Grundgesetz festgelegter Auftrag ist. Sie werden stattdessen mehr und mehr zu Seismografen der Macht, die Stimmungen in der Bevölkerung in Stimmen umwandeln wollen, um so Einfluss und Posten zu sichern. Damit zerstören sie die innerparteiliche Debattenkultur und werden für politisch mündige Menschen immer unattraktiver.

 

 

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare