Keiner kann alleine Christ sein

von Klaus Koch

Klaus Koch

In den vergangenen Tagen war er wieder zu lesen, dieser paradoxe Satz: Gläubige verlassen in Scharen die Kirche. Doch genau das stimmt nicht. Die Kirche verlassen diejenigen, denen der Glaube abhandengekommen ist. Vielleicht nicht unbedingt der Glaube an Gott, aber wohl doch das Zutrauen in die ­Institution Kirche. Diese seit Jahren ­an­haltende Massenflucht hat sich zwar ­ab­geschwächt, besorgniserregend ist sie immer noch.

Es gibt viele Gründe, die Menschen dazu bewegen, aus der Kirche auszutreten. Doch letztlich ist es immer die freie Entscheidung des einzelnen Mitglieds. Gesellschaftlichen oder privaten Druck, in der Kirche zu bleiben, gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr. Das führt dazu, dass sich Glaube und Spiritualität individualisieren. Häufig sind Sätze zu hören wie „Für meine Beziehung zu Gott brauche ich keine Kirche“ oder „Meine Kirche ist der Pfälzerwald“. Wer das sagt, muss kaum mit Widerspruch rechnen. Meist erntet er zustimmendes Nicken oder das hilflose Lächeln derer, die in der Kirche bleiben.

Dabei kann auf Dauer keiner alleine Christ sein. Nur eine Gemeinschaft kann den Glauben weitergeben und verhindern, dass sich jeder Mensch seinen eigenen Gott schafft. Doch für die Kirche reicht es nicht, diese Gemeinschaft anzubieten und zu hoffen, dass dereinst wieder mehr Menschen kommen. Vielmehr muss die Kirche versuchen, nicht nur ihre gesellschaftliche Relevanz zu behaupten, sondern auch ihre geistliche und spirituelle. Ansätze dazu gibt es: Willkommenskultur über kirchliche Milieus hinaus, moderne Jugendarbeit, aufsuchende Nachbarschaftshilfe, neue Gottesdienstformen. Doch noch gibt es nicht genug davon, wie die Zahlen zum kirchlichen Leben zeigen.

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