Gemeinden in den Mittelpunkt stellen

von Martin Schuck

Martin Schuck

Ein Leitspruch der evangelischen Kirche, „ecclesia semper reformanda“, weist darauf hin, dass die Kirche ständig der Reformation bedarf. Wer sich in der Kirchengeschichte umschaut, kann leicht erkennen, dass dieser Spruch gleichzeitig eine Absicht darstellt und eine Realität beschreibt: Ja, die Kirche hat sich ständig verändert.

Nun ist aber die Erkenntnis, dass Kirche sich ständig reformieren müsse, die eine Seite der Medaille. Die andere Seite betrifft die Frage, welche Veränderungen jeweils nötig sind und wer zuständig ist, diese zu bestimmen. Vor zehn Jahren hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Initiative ergriffen und mit dem Impulspapier „Kirche der Freiheit“ einen Akzent gesetzt. Die Stichworte lauteten: Stärkung der EKD, Fusion von Landeskirchen und Konzentration der Kräfte auf repräsentative Orte.

Seit der Veröffentlichung des Papiers reißt die Kritik nicht ab. In einem neuen Buch werfen die beiden Theologieprofessoren ­Gisela Kittel und Eberhard Mechels der EKD vor, sich zu einer weithin zentralistisch organisierten Behördenkirche entwickelt zu haben, in der sowohl die hauptamtlichen als auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter entmündigt und die Pfarrer zu Dienstleistern degradiert werden. Überspitzt behaupten sie, dass nicht mehr die Theologie, sondern die Betriebswirtschaftslehre die Leitwissenschaft der Kirche sei. Erkennen könne man dies daran, dass Mitarbeiter aus der Beratungs­industrie und Beamte der Verwaltungs­hierarchie die Richtung vorgäben.

Angesichts dieser Kritik wäre es ein wichtiger Impuls des Lutherjahrs 2017, die Absicht erkennen zu lassen, wieder stärker die Gemeinden in den Mittelpunkt der kirchlichen Reformüberlegungen zu stellen.

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