Der Außenpolitik fehlt eine Strategie

von Klaus Koch

Klaus Koch

Es gab Zeiten, da war die deutsche Außen­politik strategisch ausgerichtet. Gegen erheb­liche innenpolitische Widerstände hielt Konrad Adenauer an der Westintegration fest und Willy Brandt an seiner Ostpolitik. Beide gaben ihre Haltung ebenso wenig für innenpolitische Vorteile auf wie Helmut Kohl ­seine langfristige Idee von einem geeinten Europa. Klarer Kurs in der Außenpolitik ­bedeutete für Deutschland letztlich immer: Wohlstand, Sicherheit und Freiheit.

Derzeit fehlen klare Linien. Als am Beginn der Flüchtlingskrise massenhaft Menschen im Mittelmeer ertranken, zeigte Deutschland dem Problem die kalte Schulter: Müssen die Länder dort unten regeln. Erst, als die Flüchtlinge in großer Zahl nach Deutschland kamen, wollte die Merkel-Regierung daraus ein europäisches Problem machen. Doch da war es zu spät. Als Russland schwach zu sein schien, sammelte Europa viele ehemalige Staaten des Warschauer Pakts ein; unabhängig von deren Wirtschaftskraft. Russland fühlte sich bedrängt und reagiert nun entsprechend. Als Erdogan begann, die Türkei mit Reformen Richtung Europa zu führen, hielt sich die deutsche Regierung zurück. An die Türkei als Modell für einen demokratischen und islamischen Staat glaubte sie nicht. Nun erpresst Erdogan Deutschland mit der Flüchtlingsfrage und mutiert zum Despoten. Deutschland kann kaum angemessen reagieren. Die Regierung hat sich in ihren taktischen Fallstricken vergangen.

Weder das Verhalten Putins noch das Erdogans ist zu rechtfertigen. Aber die Beispiele zeigen, dass Deutschland mit einer strategisch durchdachten und verlässlichen Außenpolitik besser fährt als mit taktischen Winkelzügen, die vor allem dazu dienen sollen, daheim keine Wähler zu verlieren.

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