Das Reformpapier ist längst gescheitert

von Martin Schuck

Martin Schuck

Erinnert sich noch jemand an den Aufreger von vor zehn Jahren? In vielen Kirchengemeinden gab es damals heftige Diskussionen über ein sogenanntes Reformpapier, mit dem der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Kirche zukunftsfähig machen wollte. Das Papier mit dem vielversprechenden Titel „Kirche der Freiheit“ versprach ein „Wachsen gegen den Trend“ und forderte eine Qualitätskontrolle für die ­Pfarrer. Kirchliche Aktivitäten in ländlichen Bereichen sollten reduziert werden, dafür gelte es, weithin sichtbare „Leuchtfeuer“ zu entzünden, die der Kirche Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sicherten.

Man braucht nicht so weit zu gehen wie der Vorsitzende des deutschen Pfarrerverbands, der unlängst in einem Interview das Papier als eine „Anleitung zum Unglücklichsein“ bezeichnete. Es war eher ein Anlass für heftigen Widerspruch, der dann auch Wirkung zeigte. Nicht nur die Pfarrer wehrten sich gegen „Taufquoten“ und andere unsinnige Forderungen, sondern auch die Leitungsgremien kleinerer Landeskirchen wollten sich dem Druck der EKD zur Fusion mit Nachbarkirchen nicht so einfach beugen.

Heute spielt „Kirche der Freiheit“ in den öffentlichen Debatten der Protestanten kaum noch eine Rolle, und selbst die Initiatoren des Papiers im Kirchenamt der EKD halten die darin entwickelten Reformansätze weitgehend für gescheitert. Dabei bestand der Fehler des Papiers nicht darin, dass man über die Zukunft der Kirche nachdenken wollte. Falsch war es jedoch, mit Mitteln der betriebswirtschaftlichen Kontrolle einen Zwang zu effizientem Handeln vorschreiben zu wollen, der dem kirchlichen Leben fremd ist und weder in der Predigt noch in der Seelsorge etwas zu suchen hat.

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