Kirchen haben ein Sprachproblem

von Klaus Koch

Klaus Koch

Sprache kann etwas Wunderbares sein. Sie kann Menschen berühren, begeistern, mitreißen. Sie kann aber auch das genaue Gegenteil bewirken. Das beweisen zwei Texte der jüngsten Vergangenheit, die sich mit Zukunft und Struktur der christlichen Kirchen befassen. Die Evangelische Kirche in Deutschland tut dies in dem Dokument „Hinaus ins Weite“ bürokratisch und verquast mit Leerformeln und Worthülsen (KIRCHENBOTE 30, Seite 14). Der Text der Kleruskongregation des Vatikans zur Rolle der Pfarrgemeinden (Seiten 6 und 14) hingegen ist ganz in der Form des Dekrets einer von Selbstzweifeln freien Obrigkeit gehalten.

Statt ihre Mitglieder in eine bessere Kirchenzukunft mitzunehmen, reden die Katholiken über sie hinweg, die Protestanten an ihnen vorbei. Dabei liegt die schwindende Bedeutung der Kirchen nicht an Strukturen. Trotz Frauenordination, presbyterial-synodaler Ordnung mit großem Einfluss der Laien und ohne Zölibat geht es der evangelischen Kirche nicht besser als der katholischen.

In Zeiten von Orientierungslosigkeit, gesellschaftlicher Zersplitterung, zunehmender Armut und diffusen Ängsten wäre die christliche Botschaft wichtiger denn je. Doch dafür müsste sie an die Frau und den Mann gebracht werden. Womit wieder die Sprache ins Spiel kommt, die in den Kirchen oft das gut Gemeinte ins schlecht Gemachte verkehrt. Bei finanziellen oder strukturellen Problemen greifen Kirchen schnell, allerdings meist mäßig erfolgreich, auf die Expertise von Betriebswirtschaftern oder Unternehmensberatern zurück. Vielleicht sollten sie es einmal mit Germanisten oder Schriftstellern versuchen. Die könnten angesichts der Unbeholfenheit vieler kirchlicher Texte besser helfen als Ökonomen.

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