Föderalismus macht die Demokratie stark

von Klaus Koch

Klaus Koch

Corona hat den Föderalismus in Verruf gebracht. Unterschiedliche Regeln in den Ländern verunsichern die Menschen. Mancher Regierungschef versucht, als Krisenmanager seine politische Karriere zu befördern, und jetzt soll auch noch die innerdeutsche Reisefreiheit über Ländergrenzen hinweg eingeschränkt werden. Wie viel einfacher wäre es, eine zentrale Regierung gäbe die Richtung vor und jeder wüsste, woran er ist.

Doch das ist zu kurz gedacht. Der, vor ­allem auch in der Bildungspolitik, häufig ­gescholtene Föderalismus ist einer der wesentlichen Faktoren, die das Funktionieren der deutschen Demokratie gewährleisten. Neben der Möglichkeit, auf regionale Besonderheiten Rücksicht zu nehmen, gibt es zwei entscheidende Vorteile des Föderalismus ­gegenüber dem Zentralismus: Die Macht ­innerhalb des Landes wird durch verschiedene Landesregierungen besser ausbalanciert, und die Regierenden sind näher bei den Menschen, als wenn sich alle Staatsmacht in Berlin ballen würde.

Die Bedeutung dieser beiden Punkte ist kaum zu überschätzen. Ein Gemeinwesen entwickelt dann starke Bindungskraft, wenn sich die Menschen darin ernst genommen fühlen und die Chance sehen, mitbestimmen und mitgestalten zu können. Genau dies ist auch eine der großen Stärken der Kirchen, die sie in diesen schwierigen Zeiten noch stärker nutzen sollten. Die Menschen werden nicht durch die EKD-Zentrale in Hannover oder den Landeskirchenrat in Speyer an ihre Kirche gebunden. Nur die Gemeinden vor Ort können das leisten. Und da der Glaube ­alleine immer weniger Menschen in die ­Kirchen treibt, entsteht Bindung nur dann, wenn der Einzelne für sich oder andere einen Sinn im kirchlichen Engagement erkennt.

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