Ein Virus macht die Synode digital

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Das hat die Welt noch nicht erlebt! Die pfälzische Landessynode fiel im Frühjahr 2020 vollkommen aus. Erst im September wurden ihre wichtigsten Punkte an einem einzigen Tag in Speyer abgehakt. Vieles blieb unerledigt. Dann wurde die Herbstsynode für November regulär geplant, erst auf drei Tage, dann – der vielen Arbeit wegen – auf vier Tage. Dann wurden die vier Tage auf einen Tag mit großem Programm reduziert. Und letztendlich wurde dieses Programm auf einen halben Tag in Kaiserslautern zusammengestrichen. Regie führte das Coronavirus – und die kirchenpolitischen Interessen.

So war es schon augenfällig, wie wichtig es der Synode war, den Haushalt für die Jahre 2021 und 2022 zu beschließen, ohne den überfälligen Bericht einer seit Jahren arbeitenden Kommission anzuhören, die eben diesen Doppelhaushalt und die Haushalte der folgenden Jahre bezahlbar machen soll. War die pfälzische Landessynode vor dem Virus auf der Flucht? Wohl kaum; schon eher vor ihrer Konsolidierungskommission. Denn schließlich ist es ihr doch souverän gelungen, auch mit ihrem Halbtagesprogramm den ganzen Tag in der großen Halle auf dem Kaiserslauterer Gartenschaugelände zu verbringen. Die Synode nahm sich viel Zeit. Die Angst vor dem Virus scheint daher doch nicht so sehr groß gewesen zu sein.

Immerhin hat sie an diesem halben Arbeitstag (von 9 Uhr bis 18 Uhr im Plenum) einige wichtige Entscheidungen getroffen. Sie hat den Haushalt der Landeskirche beschlossen, den man in diesen ungewissen Zeiten als grundsolide bezeichnen darf – auch dank einer Konsolidierungskommission, die seit diesem Frühjahr nicht berichten darf. Und sie hat den Germersheimer Dekan Claus Müller zum Oberkirchenrat gewählt, der als Bildungsdezernent ab März 2021 die neue Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst ersetzt. Ihr war Müller vor 30 Monaten im Wettstreit um dieses Bildungsdezernat mit einer einzigen Stimme unterlegen. Und beide gehören sie der gleichen kirchenpolitischen Gruppe an: dem „Arbeitskreis Offene Kirche“, der die letzten Tagungen dieser Synode dominiert.

Zu guter Letzt kam die Synode einem Versäumnis nach: Durch eine ­Änderung der 100-jährigen Kirchenverfassung darf sie künftig auch digital tagen und beschließen. Dass die Väter der Verfassung im Jahr 1920 diese Form der Beschlussfassung nicht vor Augen hatten, ist ebenso verständlich wie das Versäumnis der Synodenplaner im Corona-September 2020 erstaunlich ist. Es verwundert umso mehr, als das Thema – oder ist es nur der schicke Klang? – „Digitalisierung“ in der Kirche fast zum Heilsbringer erhoben wird. Digitalisierung ist in der säkularen Arbeitswelt längst selbstverständlich. Sie wird erlitten und praktiziert. In der Kirche ist das offenbar nicht heilig oder groß genug. Ihre Probleme löst aber weder ein goldenes Kälbchen noch eine digitale Kuh.

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