Werte muss die Gesellschaft lehren

von Klaus Koch

Klaus Koch

Wenn die Politik ein Problem erkennt, delegiert sie dessen Lösung gern. Jüngstes Beispiel sind die Antisemitismusbeauftragten, die dazu beitragen sollen, die unerträglichen Anfeindungen jüdischer Mitbürger zu beenden. So ein Beauftragter erfüllt zwei Zwecke. Er signalisiert, dass etwas getan wird – und er verlagert Verantwortlichkeiten. Gerne als Problemlöser herangezogen werden auch die Schulen, wenn wieder einmal die Hilflosigkeit der Verantwortlichen zu groß wird. Sind deutsche Kinder zu dick, soll die Schule ­Ernährung lehren. Verschulden sie sich mit teuren Smartphones und Tarifen, soll der Umgang mit Geld Schulfach werden.

Nun sind es also die Werte, die in Schulen oder Kindergärten an Migrantenkinder vermittelt werden sollen. Keine Frage, wer in Deutschland leben will, muss die Menschenrechte ebenso achten wie Meinungsfreiheit und die Gleichberechtigung von Frau und Mann. Doch das in die Köpfe und Herzen von Kindern zu pflanzen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Kinder werden mehr von Verhaltensmustern geprägt, die ihnen Erwachsene vorleben, als davon, was im Lehrplan steht. In einer Gesellschaft, die immer respektloser und unanständiger wird, ist wenig gewonnen, wenn Flüchtlingskinder zweimal die Woche Werte lernen.

Nun könnte man auf die Idee kommen, Werteunterricht für alle Kinder einzuführen. Luxemburg hat das getan. Und dafür den ­Religionsunterricht abgeschafft. Umfragen zeigen, dass eine steigende Zahl von Menschen in Deutschland diesem Modell etwas abgewinnen kann. Schon deshalb sollten die Kirchen die Debatte um Werteunterricht aufmerksam verfolgen und den Wert des ­Religionsunterrichts für kulturelle Identität und Toleranz deutlich machen.

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