Viele Wege führen ins leitende geistliche Amt

von Martin Schuck

Martin Schuck

Ende vergangener Woche wurde bekanntgegeben, dass Papst Franziskus den Speyerer Generalvikar Franz Jung zum neuen Bischof der Diözese Würzburg ernannt hat. Für die katholische Kirche ist es ein normaler Vorgang, dass Theologen selten ein Bischofsamt in ihrer Heimatdiözese übertragen bekommen, sondern in einem für sie fremden Bistum neu beginnen können. Fälle wie der Mainzer Bischof Kohlgraf, der zuvor eine Professur an der dortigen katholischen Hochschule innehatte, sind die Ausnahme.

Das führt zu der Frage, aus welchem Reservoir in den evangelischen Kirchen die höchsten Repräsentanten ausgewählt werden. In der pfälzischen Landeskirche scheint die Sache klar zu sein: Seit Jahrzehnten waren die Kirchenpräsidenten zuvor immer Oberkirchenräte. Seit der Wahl Theo Schallers 1964 scheint das eine eiserne Regel zu sein, obwohl diese ­nirgendwo dokumentiert ist.

Im Blick auf die anderen Landeskirchen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist das aber eine klare Verengung der personellen Möglichkeiten. Sowohl in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau als auch in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck waren die derzeitigen Amtsinhaber, Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Martin Hein, vor ihrer Wahl in das höchste geistliche Amt jeweils Dekane, hatten also kirchenleitende Erfahrungen nur auf der mittleren Ebene. Ebenso waren die beiden Präsides in der rheinischen und der westfälischen Kirche, Präses Manfred Rekowski und Präses Annette Kurschus, zuvor Superintendenten, den Dekanen anderer Landeskirchen vergleichbar.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Braunschweig ist bekannt dafür, dass sie ihre leitenden Geistlichen gerne aus anderen Landeskirchen holt. Aber auch der in Washington D.C. geborene Diplomatensohn Markus Dröge war vor seiner Wahl zum Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Pfarrer und Dekan der rheinischen Landeskirche in Koblenz. Sein Amtsvorgänger, der württembergische Pfarrer Wolfgang Huber, bekleidete nie ein Pfarramt, sondern war vor seiner Wahl zum Bischof Professor an der Universität Heidelberg. Sein Nachfolger im Amt des EKD-Ratsvorsitzenden, der bayrische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat sowohl Gemeindepraxis als auch wissenschaftliche Erfahrung: Vor seiner Wahl zum Bischof war er zunächst Pfarrer in Coburg und dann Professor in Bamberg.

Ebenfalls eine Mischform, nämlich aus dem pfälzischen Modell des Aufstiegs innerhalb der Kirchenleitung und dem Modell des Bischofsimports, bietet Jochen Cornelius-Bundschuh. Als Pfarrer der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck leitete er seit 2001 das dortige Predigerseminar in Hofgeismar. 2009 wurde er Oberkirchenrat und Ausbildungsdezernent der badischen Landeskirche, 2013 zu deren Landesbischof gewählt.

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