USA als Vermittler in Nahost nicht brauchbar

von Wolfgang Weissgerber

Wolfgang Weissgerber

Jerusalem klären wir ganz zum Schluss. Nur so sahen sich die USA, die Briten, die Russen, die arabische Welt und die Uno, sogar Israelis und Palästinenser selbst bislang in der Lage, über Wege zum Frieden in Nahost zu reden. Viel herausgekommen ist dabei zwar nicht. Aber was Donald Trump jetzt gemacht hat, geht gar nicht. Der amerikanische Präsident negiert ohne Not den Anspruch der Palästinenser auf Jerusalem und erkennt es als Hauptstadt Israels an.

Trump löst damit ein Versprechen an seine evangelikalen Wähler ein. Ganz nebenbei verschaffte er dem von Korruptionsvorwürfen beschädigten israelischen Ministerpräsidenten, seinem Freund Benjamin Netanyahu, Entlastung. Als neutraler Vermittler im Nahostkonflikt sind die USA aber nun nicht mehr brauchbar. Obwohl Trump Lunte an das Pulverfass Nahost gelegt hat, kann von einer Isolation der USA keine Rede sein. Zwar ist der Papst besorgt, der Weltkirchenrat äußert seine tiefe Bestürzung, Amerikas Verbündete in aller Welt, auch die Bundesregierung, gehen vorsichtig auf Distanz, und der Weltsicherheitsrat beruft eine Krisensitzung ein. Die arabische Welt schäumt pflichtschuldigst, weltweit gehen Muslime auf die Straße. Übel stößt dabei eine antisemitische Stimmung in Berlin auf.

Regierungsamtliche Wut stellen jedoch nur Iran und das wankende Syrien zur Schau. Verbündete wie Saudi-Arabien belassen es bei Rhetorik. Auch Jordanien und Ägypten äußern ihre Empörung moderat – sie hängen finanziell am Tropf der USA. Der Syrien-Konflikt und das Hegemonialstreben Irans brennen ihnen mehr unter den Nägeln als die Zukunft der Palästinenser. Und die sind nun wieder einmal die Gelackmeierten. Ohnmächtig müssen sie zusehen, wie die Israelis den Weg zu einer Zweistaatenlösung mit Siedlungen und Mauern auf ihrem Gebiet zubetonieren. Und nun geht den Palästinensern auch noch Jerusalem flöten, das nicht nur der jüdische Staat als seine Hauptstadt mit 3000-jähriger Tradition reklamiert, sondern die Hauptstadt eines künftigen Staates Palästina sein sollte. Dummerweise beanspruchen beide Seiten die Stadt für sich allein (allenfalls gemäßigte Palästinenser würden sich wohl mit Ostjerusalem zufriedengeben). Ganz nebenbei ist Jerusalem auch die drittwichtigste Stadt des Islam (nach Mekka und Medina) und spielt im Christentum eine gewichtige Rolle.

Bei allem Befremden über Trumps rumpelfüßige Politik wird eines jedoch gern übersehen: Bereits 1995 hatte der US-Kongress beschlossen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Auch Barack Obama hat das bekräftigt. Bei der Frage einer Verlegung der Botschaft gibt es jedoch ein Schlupfloch: Alle sechs Monate kann der Präsident festlegen, dass dies im Sicherheitsinteresse der USA derzeit nicht dienlich sei. Das sieht Trump nun anders als seine Vorgänger Clinton, Bush und Obama. Wenn er sich da mal nicht täuscht.

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