Sorge um Demokratie und Meinungsfreiheit betont

200-Jahr-Feier der Pfälzer Kirchenunion mit Ex-Präsident Gauck – Kirchenpräsident warnt vor Autokraten und den Entwicklungen in den USA

Kirchentagsgefühl: Dafür sorgte unter anderem der Kletterparcours in der Unionskirche, der Jugendliche wie Nathan (13) mit verbundenen Augen in großer Höhe mutig voranschreiten ließ. Foto: view

Für Presse- und Meinungsfreiheit: Gottesdienst in der Stiftskirche mit Christian Schad. Foto: view

Ein „taktisches“ Verhältnis zur Wahrheit beklagt: Festakt mit Joachim Gauck. Foto: view

Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat alle Demokraten aufgefordert, sich strikt von rechtsextremen Gruppen, wie sie in Chemnitz aufgetreten sind, abzugrenzen. Ein Dialog mit solchen Gruppen sei unmöglich, denn sie wollten Sieg und Meinungsherrschaft, ohne überzeugen zu wollen, sagte Gauck am vergangenen Sonntag in Kaiserslautern. Gauck sprach auf dem Festakt der Evangelischen Kirche der Pfalz zum 200. Jahrestag der Pfälzer Kirchenunion.

In eine Gruppe berauschter Menschen wie in Chemnitz mit Verständnis, Nachdenklichkeit und Vernunft einzudringen, sei kaum möglich, sagte Gauck. Es gelte vielmehr, die Allgemeinheit zu schützen und den Regelverletzern mit den Mitteln staatlicher Gewalt zu begegnen. Trotzdem müsse das gemeinsame Gespräch über die Gräben in der Gesellschaft hinweg gesucht werden. Selbst bei solchen, die nicht argumentierten, sondern nur ihren Hass auf die Straße trieben, könne es Erfolg haben, auf einzelne Individuen zuzugehen.

Gauck appellierte an die Gesellschaft, Verantwortung zu übernehmen und die Demokratie zu schützen. In diesen Tagen habe die Überzeugung, dass sich in einer Demokratie letztlich die vernünftige Wahrheit durchsetzen werde, stark gelitten. Bewegungen, einige Politiker und sogar Regierungen pflegten bestenfalls ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Sie säten Zweifel selbst an evidenten wissenschaftlichen Erkenntnissen. „Und mit der Zerstörung des Glaubens an eine überprüfbare Wahrheit öffnet sich die Tür zur Verbreitung der Unwahrheit, ja der offenkundigen und beweisbaren Lüge, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen.“ Das sei das Ende der Meinungsfreiheit.

Im Festgottesdienst in der Kaiserslauterer Stiftskirche hatte Kirchenpräsident Christian Schad vor den Gefahren für Freiheit und Demokratie in der derzeitigen politischen Situation gewarnt. Autokraten wie Erdogan, Putin und Orban griffen massiv die Meinungs- und Pressefreiheit an, begrenzten Rechte und grenzten Menschen aus, sagte Schad. Es sei ein Kampf um die Wahrheit ausgebrochen, an dem die Freiheit zu zerbrechen drohe. Selbst in den USA, die als Hüterin der Pressefreiheit gelte, stelle Präsident Donald Trump kritische Journalisten als Feinde des Volks dar. Dabei gehe es ihm nur um die eigene Wahrheit nach dem Motto: „Wer die Welt nicht so sieht wie ich, der lügt.“

Gleiches gelte für Menschen, die auf der Straße „Lügenpresse“ riefen, die soziale Medien mit Hasskommentaren füllten und gezielt Sprache manipulierten, um damit neue Wirklichkeiten zu setzen. Als Beispiel nannte der Kirchenpräsident den Begriff „Asyltourismus“, der so oft verwendet werde, bis er in die Alltagssprache einsickere und dazu führe, dass das Schicksal Einzelner bewusst ignoriert werde.

Schad forderte die Christen auf, dazubeizutragen, dass Rede und Widerrede im friedlichen Streit der Argumente möglich bleibe. Dabei müsse die strittige Wahrheit zwischen den Religionen nicht durch Macht und Verdrängung entschieden werden, sondern im Dialog erkundet und im Gespräch geprüft werden. Der Kirchenpräsident erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Begründer der Union von 1818 im Jahr 1832 zu den Protagonisten des Hambacher Fests gehörten, wo sie sich aus ihrem Glauben heraus für Rede-, Presse- und Meinungsfreiheit einsetzten.

Der Festgottesdienst in der Stiftskirche und der Festakt im Pfalztheater Kaiserslautern waren die Höhepunkte und Abschluss des Festwochenendes, mit dem die Evangelische Kirche der Pfalz ihren 200. Geburtstag feierte. koc

Deutlich Flagge gegen Rechts zeigen

Anne Spiegel und Giorgina Kazungu-Haß richten in der Unionskirche Appelle an Politik und Gesellschaft

Was Demokratie gefährdet und was sie stabilisieren kann, dazu bezogen am Samstag beim Demokratischen Marktplatz in der Unionskirche unter anderen Integrationsministerin Anne Spiegel und Giorgina Kazungu-Haß, kultur- und kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Stellung.

Kein politisches System verlange von seinen Mitgliedern mehr Mitarbeit als die Demokratie, erklärte Kazungu-Haß, die mit Heidrun Krauß, geschäftsführender Referentin im Landesjugendpfarramt, und der ehrenamtlichen Jugendlichen Katharina Hoffmann diskutierte. Gefährlich sei, so Kazungu-Haß, wie unter dem Deckmantel einer Freiheit des Denkens der politische Diskurs nach rechts verschoben, ein Wertekonsens lächerlich gemacht worden sei. Hier sei es an Gesellschaft und Politik, Grenzen zu setzen: „Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen“, sagte Kazungu-Haß, die einen kenianischen Vater und eine deutsche Mutter hat. Dass mittlerweile manch einer Angst habe, auf Demonstrationen zu gehen, verstehe sie. Es dürfe aber nicht sein, dass man sich mit seiner Meinung gegen Rechts einigele. „Bleibt wehrhaft, das ist eure Zukunft“, sagte sie in Richtung Jugend

Kazungu-Haß kritisierte die politische Kultur in der Berliner Republik, die sich entfremdet habe von einer Bevölkerung, der an Partizipation gelegen sei. Politiker müssten glaubwürdig sein statt auf Wählerstimmen zu schielen. Die Politikerin bezeichnete die Medienschelte, die derzeit „en vogue“ sei, als brandgefährlich. Schließlich erfüllten diese als vierte Macht im Staat eine wichtige Funktion. Umgekehrt wünsche sie sich in den Meinungsteilen häufiger eine klarere Positionierung. Eine Debatte über wertebasierten Journalismus sei überfällig.

Deutlich äußerte sich die vierfache Mutter, die Deutsch und Evangelische Religion auf Lehramt studiert hat, zum Kirchenasyl. Es sei ein Teil der Erosion gemeinsamer Werte, dass man Kirche nicht mehr zutraue, diese Aufgabe in der Form des jetzigen Konsenses wahrzunehmen. Um Kirchenasyl sicher zu machen, müsse man gesetzlich etwas daran ändern. Selbstkritisch blickte sie auf die Verschärfung des Asylrechts, die die SPD mitgetragen habe. „Wir lassen uns hier treiben von rechten Parteien.“

Integrationsministerin Anne Spiegel und Jennifer Sieglar, Moderatorin der ZDF-Kindernachrichtensendung Logo sprachen mit Volker Steinberg, Referent für Jugendpolitik, und Lucas Schwarz von der Evangelischen Jugend Pfalz über die Bedeutung von Bildung für Demokratie. Sieglar nannte das Verständnis für juristische Begriffe als wichtig, um nicht populistischer Propaganda auf den Leim zu gehen. Sie selbst sei wegen einer angeblichen Falschberichterstattung der Sendung Logo über Chemnitz im Internet schon mit dem Tod bedroht worden. Komplexe Sachverhalte müssten erklärt werden. „Sonst bleibt Angst.“ Auf der anderen Seite dürften Medien die Menschen mit Problemen nicht überfrachten. Lösungsansätze zu zeigen, sei wichtig, um klarzumachen, wofür es sich lohne, politisch einzutreten.

Um Politik in die Schulen zu tragen, sprach sich Anne Spiegel dafür aus, politische Themen aktuell und fächerübergreifend im Unterricht zu behandeln. Darüber hinaus müsse Demokratie auch innerhalb von Schulen gelebt werden. Es könne nicht sein, dass Schüler lediglich über „die Farbe von Servietten“ mitzuentscheiden hätten, sagte sie mit Blick auf Kritik der Landesschülervertretung. Spiegel forderte ein Wahlalter ab 16. Sie erlebe immer wieder, dass Jugendliche politisch informiert seien. Die Ministerin lobte die Jugendverbände als Akteure einer politischen Bildung. Für die Jugendarbeit im ländlich geprägten Rheinland-Pfalz seien mobile Angebote denkbar. Allerdings brauche man dafür auch Hauptamtliche.

Im Anschluss sprach sich Kirchenpräsident Christian Schad deutlich für das Kirchenasyl aus. Es sei eine bewährte Einrichtung, die keinesfalls den Rechtsstaat aushöhle. Natürlich wisse er, dass es auch innerhalb der Landeskirche Christen gebe, die der AfD nahestünden. Hier sei es an jedem Einzelnen, das das Gespräch zu suchen und für die Würde des Menschen als Ebenbild Gottes einzutreten. Florian Riesterer

Die Kirchenunion als Krimi erleben

„Live-Escape-Room“ in Kaiserslautern lockt Spieler mit Kirchengeschichte – Idee aus dem Bezirkskirchenrat

Der Adrenalinpegel steigt, die Hände werden klamm. Noch 15 Minuten – dann muss das Siegel da sein, sonst ist die Kirchenunion gescheitert. Im „Live-Escape-Room“ in Kaiserslautern erleben Spieler hautnah einen Kirchenkrimi, bei dem sie über 30 Rätsel lö­sen, den Vorsitzenden der Synode befreien, die Unionsurkunde finden und das Siegel erspielen müssen. Susanne und Matthias Ress haben den „Unions-Escape-Room“ ins Leben gerufen. Beide sind selbst leidenschaftliche „Escape-Room“-Spieler.

Mittlerweile gibt es in Deutschland über 100 „Live-Escape-Rooms“, bei denen es darum geht, als Gruppe Rätsel zu knacken und Aufgaben zu lösen, um aus dem Raum zu entkommen. Bei dem „Escape-Room 1818“ ist das Ziel, die Kirchenunion zu retten. So beschäftigen sich die Spieler mit der Geschichte rund um die Entstehung der Evangelischen Kirche der Pfalz. Matthias Ress, selbst Presbyter und Mitglied im Bezirkskirchenrat Kaiserslautern, wurde im Vorbereitungsteam für das Unionsjubiläum im vergangenen Jahr gefragt, ob er einen Unions-Rätselraum auf die Beine stellen könnte. Mit dieser Idee rannte sie bei ihm offene Türen ein: Ein Jahr tüftelten er und seine Frau an dem Raum und eröffneten ihn pünktlich im Unionsjahr.

Eine Gruppe von vier jungen Männern will sich der Herausforderung stellen. „Wir haben schon ein paar ,Escape-Rooms‘ gespielt und fanden die Geschichte hier ganz interessant“, sagt einer der Spieler. Bevor es losgeht, bekommt die Gruppe eine kleine Einführung: Die Handhabung der Schlösser wird erklärt und die Hintergrundgeschichte erzählt. Dann betreten sie den Raum und machen damit eine Zeitreise: Großen Wert haben Susanne und Matthias Ress darauf gelegt, dass alles authentisch ist. Durch Tapete, Mobiliar und Bilder fühlt man sich 200 Jahre in der Zeit zurückversetzt. Bis auf die Überwachungskameras an der Decke ist die historische Kulisse des Spiels stimmig. Die allerdings werden gebraucht, damit Ehepaar Ress den Spielern notfalls Hinweise geben kann. „Wir sind durch die Kameras und eine Gegensprecheinrichtung mit den Spielern verbunden“, erklärt Matthias Ress, der als gelernter Informatiker die Technik konzipiert hat. Tatsächlich stecken in fast jedem Möbelstück Sensoren, Servomotoren oder Minicomputer. „Wichtig ist, dass die Spieler nichts von der Technik mitbekommen.“

Die Spieler der Gruppe haben die ersten Schlüssel erarbeitet, die ersten Schlösser geknackt und die Unionsurkunde gefunden. Einer liest aus ihr vor. Ein anderer sucht in der Bibel nach Textstellen. Der Dritte entschlüsselt Symbole, während der letzte Mitspieler über Schachfiguren grübelt. „Vorwissen wird nicht benötigt“, sagt Susanne Ress. Alles, was man wissen muss, sei in dem Raum zu finden. „Wir haben auch darauf geachtet, dass man sich keine Wege verbauen kann“, erklärt sie. Darum sei der Raum auch nicht linear aufgebaut. „Alle Rätsel können gleichzeitig gelöst und miteinander kombiniert werden.“

Die Kirchenglocken erklingen – das Signal, dass die Zeit fast abgelaufen ist. Noch ist das Siegel unter Verschluss, das letzte Rätsel hat es ins sich. Die Aufregung unter den Spielern steigt; hoch konzentriert nehmen sie noch einmal alles in die Hand, mustern den Raum, suchen überall. Bis schließlich auch das letzte Rätsel geknackt ist: Die Union ist gerettet!

„Es war schwierig, herausfordernd und spannend“, beschreibt einer der Spieler seine Erfahrungen, „aber wenn an der Geschichte wirklich etwas Historisches dran ist, dann will ich unbedingt mehr darüber wissen.“ Auch in dieser Hinsicht befriedigen Susanne und Matthias Ress die Neugier der Spieler und stehen Rede und Antwort. Gut 100 Gruppen haben seit der Eröffnung im März die Kirchenunion gerettet. Der Raum soll noch ein paar Jahre existieren; das Paar tüftelt sogar schon an einem weiteren Raum. „Dann gehen wir auf dem Zeitstrahl etwas in Richtung Zukunft“, verrät Susanne Ress.

Spielbar ist der „Unions-Escape-Room“ mit Gruppen von zwei bis sechs Spielern, die Preise richten sich nach Gruppengröße und reichen von 18 bis 33 Euro pro Person. Stefan Mendling

www.keytown.de, Trippstadter Straße 110 (im BIC), 67663 Kaiserslautern, ­Telefon 0631/31163901, E-Mail: info(at)nospamkeytown.de

Mit verbundenen Augen die Hängebrücke überquert

Landesjugendpfarramt funktioniert Unionskirche drei Wochen lang zu einer Kletterkirche um – Ausgebucht mit Schulklassen und Gruppen

Mit verbundenen Augen tastet sich der 13-jährige Nathan in sechs Metern Höhe mit den Füßen langsam über eine Hängebrücke. Seitliche Stützen gibt es keine. Die 16-jährige Marie, die auf einem Holzpodest am Zielpunkt steht, ruft ihm Anweisungen zu, wohin er die Füße setzen muss, um auf die in unregelmäßigen Abständen positionierten Sprossen zu treten. Zum Schluss streckt sie die Hand aus und zieht ihn auf das runde Holzbrett. Unten verfolgen Jugendliche den Balanceakt. Je drei von ihnen sichern die beiden Akteure mit Seilen und Karabinerhaken, die sie an sich und den mutigen Kletterern befestigt haben. Nathan und Marie tragen beide professionelles Klettergerät mit Gurten und Beinschlaufen. Sogenannte Grigris, halbautomatische kleine Sicherungsgeräte, sorgen dafür, dass das darin durchlaufende Seil per Hand jederzeit gestoppt werden kann. Abstürze sind deshalb nicht möglich. Nathan und Marie gehören zu einer Gruppe des Christlichen Vereins junger Menschen (CVJM) Kaiserslautern, die an diesem Nachmittag zu Gast ist.

Das sportliche Klettern findet nicht im Freien statt, sondern in der Unionskirche. Dort hat das Landesjugendpfarramt ein professionelles Klettergerüst in Form eines Kubus mit rund sechs Metern Kantenlänge aufgebaut, wo Jugendliche in luftigen Höhen Mut und Verantwortungsgefühl trainieren können. Drei Übungen stehen zur Auswahl: die Hängebrücke, die Himmelsleiter und der Lianengang. „Die Hängebrücke fand ich schwieriger als die Himmelsleiter, wo man senkrecht hochklettert. Wir mussten uns gut miteinander absprechen, um bei der Himmelsleiter nicht durch die Sprossen zu fallen“, meint die zwölfjährige Kira nach ihrem Einsatz.

Drei Wochen lang stand seit dem 25. August die Kletterkirche für junge Menschen zur Verfügung – eine Premiere für das Landesjugendpfarramt, das sonst nur Freiluftklettern anbietet. Je drei Stunden lang konnten sich die Heranwachsenden ausprobieren. „Jeder Tag war ausgebucht, vormittags hatten wir Schulklassen, nachmittags konnten andere Gruppen wie etwa der CVJM oder aus Kirchengemeinden klettern“, sagt Landesjugendpfarrer Florian Geith. Die Kletterausrüstung stellte das Pfarramt bereit. Seine klettererfahrenen Teamer wiesen die Jugendlichen anfangs in den Sport und seine Bedingungen ein. Als Berater stand den Teamern der 23-jährige Tobias Haack zur Seite, der Religionspädagogik und Soziale Arbeit in Kassel studiert und seit vielen Jahren den Klettersport betreibt. Ebenso hat auch Landesjugendpfarrer Florian Geith langjährige Erfahrung mit dem Klettern. Er ist Mitglied im Deutschen Alpenverein und hatte die Idee zur Kletterkirche, die jungen Menschen das Motto des Unionsjubiläums „Mutig voran“ in eine Sportart übersetzen will. Sie zeige ihnen, wo Mut heute in ihrer Lebenswelt nötig sei. Es gehe darum, mutig zu sein und grenzüberschreitend Schritte zu wagen, die man allein nicht gemacht hätte, sagt er.

„Es geht auch darum, mit anderen zusammenzuarbeiten, Vertrauen in andere zu setzen und darum, Verantwortung für die kletternden Akteure zu übernehmen, die mit den Seilen gesichert werden müssen“, so Geith. Von der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, hänge im Extremfall ihr Leben ab. Auch die Fähigkeit zur Empathie, zur mitfühlenden Anteilnahme, sei in den drei Wochen gefragt gewesen.

Geiths 21-jährige Tochter Henrike, die vom Hobby des Vaters angesteckt ebenfalls seit Jahren klettert, hat als eine von sechs Teamern die Gruppen begleitet. Sie hat erlebt, dass Jugendliche der Mut auch verlassen kann und sie in der neuen Situation plötzlich nicht weiterwissen. „Es gab neulich eine 18-Jährige, die bei der Übung Hängebrücke oben auf dem Podest stand und einfach keinen Schritt mehr machen konnte. Ich bin dann hoch, habe sie beruhigt und ihr gesagt, welche Handgriffe sie tun muss, um sich nach unten abzuseilen. Das klappte dann gut“, sagt Henrike.

Über die große Resonanz der Kletterkirche freut sich der Landesjugendpfarrer. Am Wochenende des Unionsjubiläums half er als Teamer am Sonntag mit, auch älteren Menschen die Erfahrung zu ermöglichen, in luftigen Höhen „mutig voran“ zu klettern. dob

Mit Psalmenbaum und Bibelplätzchen auf der Kirchenbank

Kirchliche Einrichtungen und Gemeinden präsentieren sich an 40 Stationen in Kaiserslautern – Besucher an den Angeboten sehr interessiert

Riesige, in allen Farben schillernde Seifenblasen erheben sich in die Luft, beobachtet von großen, faszinierten Kinderaugen. Zwei Meter weiter ist von den Kindern Schnelligkeit und Reaktionsvermögen gefragt bei dem Versuch, eine rollende Erbse mit dem Hammer zu erwischen. Michael Hoffmann von der Kinder- und Jugendhilfe der Diakonissen Speyer-Mannheim ist zufrieden: An der Kirchenbank der Einrichtung auf dem Kirchenvolksfest „200 Jahr Pfälzer Kirchenunion“ bleiben immer wieder junge Familien stehen.

Rund 40 Kirchenbänke sind an dem Festwochenende über die Kaiserslauterer Innenstadt verteilt. Gemeinden, Dekanate und kirchliche Einrichtungen stellen sich zwischen Stiftskirche und Unionskirche den Besuchern vor. „Wir wollten eine einladende Kirche zeigen und den Menschen Gelegenheit bieten, Platz zu nehmen und mit der Kirche ins Gespräch zu kommen“, sagt Wolfgang Schumacher, Öffentlichkeitsreferent der Landeskirche. Die bisherigen Rückmeldungen seien durchweg positiv, berichtet er. Die Besucher seien an der Feier und den verschiedenen Kirchenbank-Stationen sehr interessiert.

In Sichtweite der Diakonissen-Kirchenbank stellt sich die Kaiserslauterer Kirchengemeinde Erlenbach-Morlautern mit einem Psalmenbaum und Plätzchen in Bibelform vor. „Presbyterium und Förderverein haben die Kirchenbank mit Leben gefüllt“, sagt Christine Bauer, zweite Vorsitzende des Fördervereins der Morlauterer Kirche. Auch Pfarrer Thomas Keßler ist erfreut, dass viele Menschen den Weg zur Morlauterer Kirchenbank gefunden haben: „Das Angebot wurde gut angenommen.“

An der Kirchenbank des Runden Tischs Ehrenamt am St.-Martins-Platz herrscht Betrieb. Hier wird mit aus Papier gefalteten Schiffchen und „Worten, die tragen“ aus der Bibel für das Ehrenamt geworben. Wer möchte, kann auch ein eigenes Papierboot falten und beschriften.

„Wir haben viele Kontakte, fühlen uns hier gut aufgehoben“ erzählt Regina Mayer-Oelrich, Sprecherin des Runden Tischs. Wichtig sei, offen auf die Leute zuzugehen und sie anzusprechen, sagt sie. Einige Meter weiter steht die Kirchenbank des Kirchenbezirks an Alsenz und Lauter. Hier präsentieren Dekan Matthias Schwarz und sein Team mit Spielaktionen und Auftritten der Chöre „Ton in Ton“ aus Rothselberg und „Drum and Sing“ aus Wolfstein den Kirchenbezirk. Vor allem ein Projekt liegt Schwarz am Herzen: „Spürbar Sonntag“. Mit der Aktion soll der „ganz normale Gottesdienst wieder in den Fokus rücken“, sagt Schwarz. „Wir laden gezielt die Menschen zum Gottesdienst ein, die schon lange nicht mehr – oder noch nie – den Weg in die Kirche gefunden haben.“ Einen Tipp hat Michael Hoffmann bei aller Zufriedenheit dann doch noch für die Organisatoren: Wegweiser zu den Kirchenbänken haben seiner Ansicht nach gefehlt. jok

Der fehlende Wille zur Glaubwürdigkeit im eigenen Handeln

Plakative Themen sollen globale Zusammenhänge verdeutlichen – Podiumsdiskussion der Gruppe „Frauen wagen Frieden“ in Kaiserslautern

„Die Kirche hat den spirituellen Hintergrund, um den Zusammenhang der Problemlagen der Welt zu kommunizieren“, sagte der Physiker und Philosoph Michael Rentz in Kaiserslautern.

Es sei sinnvoll, plakative Themen wie das Bienensterben oder die Verschmutzung durch Plastikmüll ins Zentrum der kirchlichen Arbeit zu stellen. „Wir haben nicht verschiedene Struktur­probleme, sondern ein einziges Strukturproblem, weil alles, von den Finanzen bis zum Klima, zusammenhängt und nur im Zusammenhang gelöst werden kann.“ Rentz, Initiator des Projekts „Nachhaltig predigen“, war Teilnehmer einer Podiumsdiskussion der Gruppe „Frauen wagen Frieden“ während des Jubiläumswochenendes der Kirchenunion zum Thema „Herausforderungen der Kirche heute“. Der frühere Landessynodale und Referatsleiter bei „Brot für die Welt“, Heinz Fuchs, betonte, entscheidend dafür, ob man sich angesichts der Strukturprobleme auch noch zu Fragen der Gerechtigkeit engagiere, sei das eigene Verständnis von Kirche. Die Kirche stehe vor dem Problem, „dass es nicht mehr gelingt, auf der Bahn wohlgeprüfter Wahrheit zu handeln.“

Die globalen Problemlagen seien alle bekannt, aber es fehle der Wille, an der eigenen Glaubwürdigkeit zu arbeiten. „Um Glaubwürdigkeit zu erreichen, brauchen wir klare und verbindliche Regeln, das geht vom Klimamanagement bis hin zum kirchlichen Beschaffungswesen“, so Fuchs.

„Wir leben heute in einem Bionade-Biedermeier. Die Leute wollen es schön haben, sonntags übers Feld laufen, aber mit den globalen Problemen der Welt nichts zu tun haben“, beschrieb die rheinland-pfälzische Bürgerbeauftragte Barbara Schleicher-Rothmund, die auch Mitglied der Landessynode ist, die gegenwärtige Stimmungslage. Seit einigen Jahrzehnten schon, so Schleicher-Rothmund, stehe das Individuum immer stärker im Mittelpunkt, der Glaube brauche jedoch Gemeinschaft. Deshalb sei es wichtig, die Frohe Botschaft ins Leben zu übersetzen. Schleicher-Rothmund kritisierte „das ewige Gejammere“, mit dem man die Kirche in ein unattraktives Licht stelle. „Das ist so ein Gezwerge, immer geht es weiter nach unten“, so Schleicher-Rothmunds Kritik am Erscheinungsbild der Kirche.

Großes Interesse weckte der Bericht der badischen Oberkirchenrätin Karen Hinrichs über die Beschlüsse der Synode ihrer Landeskirche zu den Themen Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Hinrichs berichtete, dass ein südbadischer Kirchenbezirk die Initiative ergriffen hätte, was zu einem Aufbruch in der gesamten Landeskirche geführt habe. Das Ergebnis, so Hinrichs, seien neu erarbeitete Positionen zur Friedensethik. mas

Auftrag an heutige Jugend

Botschaft der Evangelischen Jugend Pfalz an das Jahr 2018 gehoben

Einer anstrengenden Aufgabe hat sich Kirchenpräsident Christian Schad am Festsamstag gestellt. Mit zwei Jugendlichen hob er eine Botschaft vor der Stiftskirche, die die Evangelische Jugend Pfalz zum Jubiläum 175 Jahre Kirchenunion im Jahr 1993 geschrieben und dort begraben hatte. Geöffnet werden sollte sie zum 200. Geburtstag der Union, erklärte Dietrich Lauter, ehemaliger Ludwigshafener Jugendpfarrer und früher Studentenpfarrer in Kaiserslautern, der an der Aktion vor 25 Jahren beteiligt war. Als Zeitkapsel diente ein Spaghettiglas der Eltern Lauters.

Ausgestattet mit Handschuhen, Hammer und Meißel machten sich Schad und zwei Jugendliche vor den Augen von Dekanin Dorothee Wüst und Landesjugendpfarrer Florian Geith daran, die Bodenplatte zu zerstören. Dass dabei sein Anzug staubig wurde, nahm der Kirchenpräsident gerne hin. Um Worte wie Toleranz, Freiheit und Offenheit nicht zu „Wischi-Waschi-Floskeln“ verkommen zu lassen, sondern sie mit Leben zu füllen, habe man diese mit Begriffen wie Profil, Charakter, Sensibilität und Leidenschaft präzisiert, trug Schad die Worte der Jugendlichen vor, die eine Weltveränderung im Sinne Jesu forderten. Mit der ersten Flüchtlingswelle aus dem Balkan sei es um ähnliche Herausforderungen wie heute gegangen, erinnerte sich Lauter an die Intentionen. Wichtig war den Jugendlichen auch der Zustand der Kirche, die in ihrer Botschaft „eine Reform von unten“ als nötig sahen, um die Jugend auch noch in 25 Jahren für die Kirche zu begeistern.

Florian Geith nannte das Heben der Botschaft einen Startschuss für die evangelische Jugend heute. Man werde sich im kommenden Jahr mit dem Inhalt auseinandersetzen, auch wenn die Restauration des feuchten Papiers schwierig werden dürfte. Schad bezeichnete die genannten Werte als „ewige Worte, die jede Generation für sich selbst übersetzen müsse“. flor

Das schwarze Cafémobil entwickelt sich zum Publikumsmagneten

Umfrage bei Besuchern des Kirchenvolksfests zeigt unterschiedliche Interessenlagen – Orientierungstafel vermisst und keine Karten bekommen

Eine Umfrage des KIRCHENBOTEN unter 20 Besuchern des Kirchenvolksfests zum Unionsjubiläum ergab, dass sie je nach Interessenlage zuvor ausgesucht haben, was ihnen aus der Vielfalt des dreitägigen Programms wichtig war.

Dieter Cassel und seine Frau Rose­marie aus Kaiserslautern haben den Abendsegen von Pfarrerin Mechthild Werner auf der Loungebühne genossen. Den Festakt mit Altbundespräsident Joachim Gauck hätte das rüstige Ehepaar Anfang 80 gern miterlebt, ging aber leer aus, weil es zu Hause nicht über PC, Internet und E-Mail verfügt. „Nur per E-Mail konnte man sich im Unionsbüro anmelden, warum geht das nicht auch telefonisch?“, fragte Cassel. Gunther Rheinheimer aus Mackenbach hat E-Mail und Glück gehabt: „Ich habe Karten gekriegt und bin mit meiner Frau hin!“ Hin und weg war er von der Führung zu Stätten des Unionsjubiläums in Kaiserslautern, die Pfarrerin Margarethe Hopf am Unionsdenkmal in der Stiftskirche gestartet hat. Nicht so begeistert war davon Fritz Steuer aus Hettenleidelheim. „Das war eher ein theologisches Seminar, ich habe nicht viel verstanden“, sagte er. Mit Gewinn habe er dagegen dem Vortrag von Pfarrer Werner Schwarz über den Unionskatechismus folgen können.

Liselotte Arzt aus Herschberg gab sich als Fan von Volkskundler und Kirchenhistoriker Roland Paul zu erkennen. „Ich habe mir beide Vorträge von ihm angehört und war auch in der Unionskirche bei der Jugend.“ Deren Diskussionsrunde „Ist die Demokratie noch zu retten?“ interessierte auch Gemeindediakon Manfred Vogel aus Pirmasens. Auch das Livemusikprogramm auf der Hauptbühne fand er mitreißend.

Ingrid Budian aus Ramstein vermisste eine große Orientierungstafel in Stiftskirchennähe über die Standorte der Bühnen. Das schwarze Cafémobil, ein dreirädriges Auto mit Kaffeeautomat und fair gehandeltem Biokaffee, fand sie dagegen klasse. „Der ist so lecker“, rief sie. Und die Betreiber Ruth Magsig und Pfarrer Gunter Schmitt vom Missionarisch-Ökumenischen Dienst bekannten, dass das Mobil ein „niedrigschwelliger Publikumsmagnet“ sei. Margret Reh aus Kaiserslautern freute sich sehr, dass sie den Kaffee kostenlos bekam. „Wo gibt’s so etwas noch?“, meinte die Katholikin. Ruhestandspfarrer Michael Pernt-Weigel aus Winnweiler lobte die gute Organisation und freute sich über das Wiedersehen mit ehemaligen Gemeindemitgliedern. „Dann kann ich nicht alles falsch gemacht haben“, flachste er. Pfarrerin Corinna Schauder aus Speyer genoss zusammen mit Pfarrer Udo Jesberger aus Mannheim die Volksfestatmosphäre. „Endlich alte Bekannte und Freunde wiedertreffen“ wollte auch Pfarrer Alexander Ebel aus Altrip. dob

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Kirchentagsgefühl: Dafür sorgte unter anderem der Kletterparcours in der Unionskirche, der Jugendliche wie Nathan (13) mit verbundenen Augen in großer Höhe mutig voranschreiten ließ. Foto: view
Kirchentagsgefühl: Dafür sorgte unter anderem der Kletterparcours in der Unionskirche, der Jugendliche wie Nathan (13) mit verbundenen Augen in großer Höhe mutig voranschreiten ließ. Foto: view
Für Presse- und Meinungsfreiheit: Gottesdienst in der Stiftskirche mit Christian Schad. Foto: view
Für Presse- und Meinungsfreiheit: Gottesdienst in der Stiftskirche mit Christian Schad. Foto: view
Ein „taktisches“ Verhältnis zur Wahrheit beklagt: Festakt mit Joachim Gauck. Foto: view
Ein „taktisches“ Verhältnis zur Wahrheit beklagt: Festakt mit Joachim Gauck. Foto: view
Mit Hammer und Meißel: Christian Schad löst mit Jugendlichen die Platte. Foto: flor
Mit Hammer und Meißel: Christian Schad löst mit Jugendlichen die Platte. Foto: flor
Diskutieren beim demokratischen Marktplatz in der Unionskirche (von links): Ehrenamtlicher Lucas Schwarz, Logo-Moderatorin Jennifer Sieglar, Ministerin Anne Spiegel und Volker Steinberg, Referent für Jugendpolitik im Landesjugendpfarramt. Foto: view
Diskutieren beim demokratischen Marktplatz in der Unionskirche (von links): Ehrenamtlicher Lucas Schwarz, Logo-Moderatorin Jennifer Sieglar, Ministerin Anne Spiegel und Volker Steinberg, Referent für Jugendpolitik im Landesjugendpfarramt. Foto: view
Gemeinsam Rätseln im Jubiläumsjahr macht Spaß: Spieler beim „Escape-Game“ zur Kirchenunion in Kaiserslautern. Foto: view
Gemeinsam Rätseln im Jubiläumsjahr macht Spaß: Spieler beim „Escape-Game“ zur Kirchenunion in Kaiserslautern. Foto: view
Verantwortungsbereitschaft gefragt: Das Team am Boden sichert die Kletterer. Foto: view
Verantwortungsbereitschaft gefragt: Das Team am Boden sichert die Kletterer. Foto: view
 

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