Seeretter wollen die Arbeit einstellen

von Martin Schuck

Martin Schuck

Das Internationale Seerecht entstand im 17. Jahrhundert, um schwächeren Staaten ein Recht zur Verteidigung beim Angriff durch ausländische Flotten zu sichern. Eine Entfernung von drei Seemeilen, das ist etwa so weit, wie damals eine Kanonenkugel schießen konnte, wurde zur Hoheitszone eines Staates erklärt. Die heute auf zwölf Seemeilen ausgedehnte Hoheitszone hat kaum noch militärische Bedeutung, sondern dient der Ausbeutung der Küstengewässer. Daneben gibt es noch eine Anschlusszone von weiteren zwölf Meilen sowie eine Wirtschaftszone von 200 Meilen, deren Nutzungsrecht nicht immer ganz klar ist.

Wenn plötzlich große Empörung herrscht, weil Libyen angesichts der massiven Präsenz von Rettungsschiffen einiger Nichtregierungsorganisationen (NGOs) direkt vor der Zwölf-Meilen-Zone sein Hoheitsgebiet ausweitet, entsteht der Eindruck, dass die NGOs ihr Hilfskonzept in Gefahr sehen. Dieses sah vor, Flüchtlinge von den Booten zu übernehmen, um sie nach Italien zu bringen. Darauf hat bereits der italienische Staat mit einem Verhaltenskodex reagiert, der unter anderem die Präsenz von bewaffneten Polizeieinheiten an Bord der Rettungsschiffe forderte.

Nicht nachvollziehbar ist es, wenn einige NGOs, etwa Ärzte ohne Grenzen, als Konsequenz aus der Ausdehnung der Hoheitszone jetzt ihre Arbeit einstellen. Im Grunde zeigen sie damit, dass sie ihrer selbst gestellten Aufgabe der Flüchtlingsrettung nur dann nachkommen wollen, wenn sie es von den Ausreisestaaten leicht gemacht bekommen. Seerettung geschieht aber meist nicht vor der Küste, sondern auf hoher See. Möglichst viele Menschen aus den Lagern nach Europa zu holen, ist etwas anderes als Rettung aus Seenot. Darüber müsste offen geredet werden.

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