Schule schwänzen für den guten Zweck

von Martin Schuck

Martin Schuck

„Kinder an die Macht“, sang Herbert Grönemeyer schon vor drei Jahrzehnten, und endlich wird sichtbar, welche Macht Kinder tatsächlich haben können. Seit die damals 15-jährige Schwedin Greta Thunberg sich im August 2018 drei Wochen lang, bis zu den schwedischen Parlamentswahlen am 9. September, Tag für Tag vor das Parlamentsgebäude setzte und für Klimaschutz protestierte, scheint die heranwachsende Generation weltweit ihr Thema gefunden zu haben.

Gretas Protest war der Start für Demonstrationen von Schülern, die immer freitags anstatt zum Schulunterricht auf die Straße gehen. „Fridays for Future“ – „die Freitage für die Zukunft“, lautet das Motto, unter dem seit vergangenen Dezember auch Schüler in verschiedenen deutschen Städten für den Klimaschutz demonstrieren und an diesem Tag dem Unterricht fernbleiben. Die Frage, die seither die Öffentlichkeit umtreibt, lautet: Ist es legitim, für den guten Zweck die Schule zu schwänzen?

Mit der Aussage von Bundeskanzlerin Merkel, sie „unterstütze sehr, dass Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz auf die Straße gehen und dafür kämpfen“, ist ein Punkt erreicht, an dem die Politik Haltung zeigen muss. Macht die Bundesregierung den Schülern ein gutes Gewissen beim Schulstreik, verliert die Schulpflicht ihre Priorität, und künftig werden viele gute Zwecke wichtiger sein. Werden die Demonstrationen verboten, muss eine Demoralisierung der Schüler befürchtet werden. Aber vielleicht können heutige Schüler von denjenigen lernen, die in den 1970er und 1980er Jahren gegen Atomkraftwerke und Atomraketen demonstriert haben. Diese wissen nämlich, dass man sich beim Demonstrieren nicht auf die Zustimmung durch die Politik verlassen darf.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare