Rassismus ist in der Gesellschaft verwurzelt

von Carina Dobra

Carina Dobra

„Black lives matter“, rufen Demonstranten nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten im Mai. Anti-Schwarzer Rassismus ist in der Gesellschaft verwurzelt. Er ist nicht weit weg, irgendwo in den USA. Auch in Deutschland fühlen sich schwarze Menschen ausgegrenzt, diskriminiert, ja bedroht. Auch Muslime und viele Juden sitzen „auf gepackten Koffern“, fühlen sich in Deutschland nicht ausreichend geschützt. Beschämend.

Ich bin selbst weiß. Über meine eigenen Vorurteile gegenüber schwarzen Menschen bin ich mir bewusst. Kleines Beispiel: „Sie haben Rhythmus im Blut und ein eher lautes Organ.“ Stolz bin ich auf diese Bilder im Kopf nicht. Aber immerhin, das Wissen darüber ist da. Und das ist laut Experten der erste Schritt in Richtung Besserung.

Daran mangelt es insgesamt. Es gibt Menschen, die fühlen sich völlig frei davon, sind regelrecht empört, wenn sie jemand darauf aufmerksam macht. Rassisten sind sie deswegen noch nicht. Aber die Abwehrhaltung muss aufhören. Schließlich tauchen die Bilder schon im Kindergarten und der Schulzeit auf – erst einmal ohne böse Absicht. Wenn es auf dem Schulhof heißt: „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ Oder Pippi Langstrumpf von ihrem Papa, dem „Negerkönig“, erzählt. Oder die dunkelhäutigen Figuren in Asterix-und-Obelix-Comics mit ihren feuerroten XXL-Lippen. Das zu verlernen, ist schwer. Helfen sollen sogenannte Antirassismus-Trainings. Verschiedene Bildungseinrichtungen und Vereine bieten solche Workshops an. Die Teilnehmer sollen sich mit ihren Klischees gegenüber Schwarzen auseinandersetzen. Ein guter Anfang – nicht mehr und nicht weniger. Zumal die Teilnahme freiwillig ist. Und wie so oft warten dann dort die üblichen Verdächtigen. Eine Blase mit Menschen, die zumindest versuchen, sensibel zu sein. Die nicht jeden fremd aussehenden Menschen fragen „Wo kommst du her?“ oder loben „Du kannst aber gut Deutsch!“.

Also raus aus der Blase. Andere Werkzeuge müssen her. Besser wären niedrigschwellige Angebote – vor allem für junge Menschen. Begegnungsabende, gemeinsames Kochen, Quatschen, Chillen. Mit schwarzen Menschen selbst sprechen. In entspannter Atmosphäre. Ähnlich wie bei Projekten wie „Meet a Jew“ des Zentralrats der Juden. Dabei können sich Gemeinden und Schulklassen einen Juden „mieten“, der ihnen aus ihrem Leben erzählt. Viele kennen persönlich keinen Juden. Einen Schwarzen kennen vermutlich auch eher wenige. Dabei hat in Deutschland jeder Vierte einen Migrationshintergrund. Und so wirken sie fremd, nahezu exotisch. Wenn es dann eines Tages doch einmal zu einem Aufeinandertreffen kommt, herrscht peinliche Unsicherheit: „Darf ich sie oder ihn Schwarz nennen?“ oder sagt man „Person of Colour?“. Das Schlimmste wäre, diese Fragen totzuschweigen. Auch die Medien stehen in der Verantwortung.

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