Problemlösung ohne den Segen des Vatikans

von Martin Schuck

Martin Schuck

So schlimm der Missbrauchsskandal die katholische Kirche auch getroffen hat – am Ende könnte er zu interessanten Klärungen über das Verhältnis der römischen Zentrale zu den nationalen Bischofskonferenzen führen. Die deutschen katholischen Bischöfe machen gerade vor, wie so etwas gehen könnte. Gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken begibt sich die Bischofskonferenz auf einen „synodalen Weg“, so der Beschluss der Vollversammlung (Seite 6). Ab dem 1. Dezember werden die Bischöfe mit den katholischen Laienverbänden nach Wegen aus der Krise suchen – ohne den Segen aus dem Vatikan.

Die vier Themenbereiche, in denen die Verantwortlichen in den Bistümern Reformbedarf sehen, sind seit Langem bekannt: Es geht um die Frage nach der Macht und der Partizipation in der Kirche, um Fragen der Sexualmoral, um die priesterliche Lebensform, den Zölibat also, sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche, die ja vom Dienst der Diakonen, Priester und Bischöfe ausgeschlossen sind.

In Rom läuten ob dieser Agenda schon seit Längerem die Alarmglocken, denn die zuständigen Kongregationen und Räte befürchten einen deutschen Sonderweg in Fragen, die nur auf der Ebene der Weltkirche gelöst werden können. So warnte Papst Franziskus bereits im Juni in einem Brief an die deutschen Bischöfe, dass, wann immer eine „kirchliche Gemeinschaft“ versucht habe, allein aus ihren Problemen herauszukommen und lediglich „auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz“ vertraut habe, das darin geendet habe, „die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten“. Stattdessen solle man sich doch um Themen wie die Rolle der Laien in der Evangelisierung, die Jugendseelsorge sowie die Unterstützung von Ehe und Familie kümmern, so der Papst.

Noch deutlicher wurde der Leiter der Bischofskongregation im Vatikan, Kardinal Marc Quellet. Er betonte, dass eine Synode in Deutschland nicht die universale Lehre oder Disziplin der Kirche ändern könne. Damit befinden sich die deutschen Katholiken mitten in einem Konflikt, der für die Weltkirche zu einer Zerreißprobe werden kann. Die Signale aus Rom sind sehr deutlich, dass man das deutsche Vorhaben kirchenrechtlich als ein „Partikularkonzil“ werte, das nur mit der Erlaubnis des Papstes abgehalten werden kann, und dessen Ergebnisse der Papst genehmigen muss. An diesem Punkt geben sich die deutschen Bischöfe aber unnachgiebig. Es sind Probleme, die in den deutschen Bistümern auf den Nägeln brennen und der Glaubwürdigkeit der Kirche hierzulande schaden. Obwohl alle Seiten diese Möglichkeit ausschließen: Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Konflikt zwischen einer Nationalkirche mit Rom in einer Abspaltung endet. Um dieses zu verhindern, wird auch der Vatikan am Ende nachgeben müssen.

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