Moderne Kunst gehört in die Kirche

von Klaus Koch

Klaus Koch

In Zeiten von „YouTube“ und „Fotoshop“ ist Skepsis gegenüber Bildern wichtig. Manipulationen und Fälschungen sind an der Tagesordnung, Realität und Fiktion kaum auseinanderzuhalten. Das Wort als Werkzeug des Verstandes ist notwendig, um das Bild als Werkzeug der Emotion einzuordnen. Doch gleichzeitig gilt: Öffentliche Kommunikation ist ohne Bilder kaum mehr möglich. In den modernen Informationsfluten gehen Texte – zumal lange oder komplizierte – schnell unter. Das gilt auch und gerade für Glaubenstexte und Texte über den Glauben.

Deshalb ist es gut, dass der bilderkritische Protestantismus keine Angst mehr vor Bildern hat. Bilder können das Wort nicht verdrängen, aber sie können es unterstützen; sie können dafür sorgen, dass Denken und Fühlen, dass Vernunft und Glaube sich ergänzen. Deshalb gehört das Bild, gehört die Kunst in den Kirchenraum. In Pfälzer protestantischen Kirchen ist das nur selten der Fall. Beim Empfang des Kirchenpräsidenten hat die Landauer Künstlerin Madeleine Dietz (sie gestaltet unter anderem den Kirchenpavillon auf der Landauer Gartenschau künstlerisch aus) beklagt, dass kaum zeitgenössische Kunst in Kirchen zu finden ist.

Das ist schade. Denn Kunst und Glaube verhandeln die gleichen großen Menschheitsfragen um Leben und Sterben, um Leid und Liebe. Deshalb kann es bei Kunst in der Kirche nicht um gefällige Dekoration oder naive Glaubensbildchen gehen. Wie der Glaube kann auch Kunst ein Geheimnis sein. Doch wenn die Kunst sich auf den Glauben bezieht, wenn sie das Rätselhafte und Faszinierende eines Kirchenraums aufnimmt, neu deutet oder überraschend stört, dann entstehen neue Sichtweisen, dann werden die Besucher an Sinn und Verstand gepackt. Nicht zuletzt deshalb öffnen Gemeinden immer wieder ihre Kirche für die Kunst, stellen Bilder aus oder lassen Installationen wirken. Das verändert einen Kirchenraum, lässt neue Erfahrungen im und mit dem Raum zu. Besonders schön ist das in diesem Jahr in der Kaiserslauterer Stiftskirche zu erleben, wo drei Künstler nacheinander ihre Arbeiten zum EKD-Jahresthema „Bild und Bibel“ zeigen.

Darüber hinaus sollten Gemeinden aber auch Kunst zum festen Bestandteil des Kirchenraums machen. Natürlich tun sich Presbyterien schwer, beim Renovieren ihrer Kirche Geld für Kunst abzuzweigen. Aber es lohnt sich, gemeinsam mit einem Künstler eine Kirche neu zu entdecken und eine Möglichkeit zu suchen, den Raum spannender und reicher zu gestalten. Oft verpflichtet sich die öffentliche Hand, bei Bauten für „Kunst am Bau“ zu sorgen. Meist wird dafür etwa ein Prozent der Bausumme aufgewendet. Wenn eine Gemeinde ihre Kirche saniert, sollte auch sie eine bestimmte Summe für Kunst bereitstellen. Ansprechpartner, die über den sinnvollen Umgang mit diesem Geld beraten, gibt es in der Landeskirche.

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