Mit der Hilfe von Phil Collins und dem heiligen Martin

Hans Eber-Huber hat die Begegnungsstätte Lichtblick nach schwerem Beginn zum Sozialunternehmen mit familiärer Atmosphäre gemacht

Hört zum Jahresende auf: Hans Eber-Huber in der Küche des Lichtblick. Fotos: Mehn

Hans Eber-Huber.

„Die Polizei musste ich seit Jahren nicht mehr rufen.“ Hans Eber-Huber sagt das mit tiefer Zufriedenheit. Denn bei seinem Start als Leiter der Neustadter Tagesbegegnungsstätte Lichtblick vor 21 Jahren sah das anders aus. Doch jetzt ist aus der ehemaligen Suppenküche ein mittelständisches Sozialunternehmen geworden.

Eber-Huber begann im März 1999. Zuvor war der aus dem Neustadter Ortsteil Haardt stammende Sozialarbeiter in der Suchtkrankenhilfe und als externer Drogenberater in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal tätig. Und Sucht spielte auch bei seiner neuen Aufgabe eine Rolle. Etwa 30 bis 40 Menschen seien damals täglich gekommen. Oft hätten sie Alkohol mitgebracht, seien aggressiv geworden. Immer wieder kam die Polizei. Nach drei Monaten wollte der Sozialarbeiter aufhören. Doch er hielt durch, erließ ein Alkoholverbot und feste Regeln im Umgang miteinander. Zum Jahresende geht er nun mit 63 Jahren in die passive Phase der Altersteilzeit.

Dass er durchgehalten hat und heute sagen kann, die Arbeit sei sehr befriedigend gewesen, hat viel mit den Initiatoren der Suppenküche zu tun. Nachdem Anfang der 1990er Jahre Obdachlose in Neustadt erfroren waren, haben sich sozial engagierte Menschen zusammengefunden, um Obdachlosen zu helfen. Bei Problemen stand dieser mittlerweile als Lichtblick-Förderverein firmierende Initiatorenkreis Eber-Huber immer zur Seite.

Sehr nahe dran sei dabei die damalige Neustadter Dekanin Heide Müller gewesen, sagt Eber-Huber. Sie überzeugte auch den Bezirkskirchenrat und die Bezirkssynode, dass das Dekanat Neustadt Träger der Einrichtung wurde. Damit waren feste Strukturen geschaffen. Heute gibt es ein großes Netz von Unterstützern: ein Rechtsanwalt berät die Besucher, ein Caterer bringt einmal wöchentlich das Essen, viele Organisationen und Vereine spenden, viele Ehrenamtliche helfen.

Das Startkapital zum Herrichten des Anwesens in der Amalienstraße zum heutigen Lichtblick lieferte jedoch der Popmusiker Phil Collins. Er spendete den Erlös eines Konzerts der Caritas Obdachlosenhilfe. Eber-Hubers Vorgängerin als Leiterin der Suppenküche, die katholische Ordensschwester Pat Casey, besorgte davon einen größeren Teil.

Doch Eber-Huber war es nicht genug, die Menschen mit täglich rund 60 Essen satt zu bekommen, ihnen ein Dach überm Kopf zu besorgen und sich um ihre Finanzen zu kümmern. (Der Lichtblick führt etwa 40 Konten für seine Besucher und hat sieben Wohnungen angemietet.) Der Lichtblick-Leiter wollte dem Leben dieser Menschen darüber hinaus Struktur geben.

Eine erneute Initialzündung kam von einem Kindergarten. Zu St. Martin hatten die Kinder ihre Lieblingsstofftiere verkauft, um das Geld den Armen zu schenken. Als der Lichtblick das Geld erhielt, fragte Eber-Huber die Leiterin, ob er und seine Leute nicht etwas für sie tun könnten. Wenig später brachten Lichtblick-Besucher die Außenanlage des Kindergartens in Ordnung und strichen die Spielgeräte.

Die Idee des „Solipakts“ war geboren. „Wer etwas für uns tut, für den wollen wir was tun“, sagt Eber-Huber. Daraus entstand ein soziales Wirtschaftsmärchen. Heute entrümpelt der Lichtblick Wohnungen, verkauft in einem Laden gebrauchte Möbel und Haushaltswaren, betreibt eine Kleiderkammer, repariert und verkauft Fahrräder. Dabei wird stets darauf geachtet, nur Bedürftigen zu helfen, um keine Konkurrenz für Wirtschaftsbetriebe zu sein. Etwa ein Drittel der benötigten Mittel werden so erwirtschaftet, sagt Eber-Huber.

Die Arbeiter erhalten neben den Staatsleistungen dafür ein zusätzliches Taschengeld. Auf diesem Weg kommt der Lichtblick auf 40 Mitarbeiter, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, aber keinen Betreuer brauchen oder einen Platz in einer Behindertenwerkstatt. Sie organisieren große Teile ihrer Aufgaben weitgehend selbstständig.

Was mit der Solidarität und dem Engagement der Lichtblick-Leute möglich ist, zeigte sich während der Corona-Krise. „Wir hatten keinen Tag geschlossen“, sagt Eber-Huber. Als die Neustadter Tafel schließen musste, übernahm der Lichtblick auch diese Aufgabe. Mit Disziplin hielten sich dabei alle an die Corona-Regeln. Allerdings habe unter den Einschränkungen ein wesentliches Markenzeichen des Lichtblick gelitten: „die intime, familiäre Atmosphäre“, sagt Eber-Huber. Klaus Koch

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