Mann ohne Mittel für Religionsfreiheit

von Nils Sandrisser

Nils Sandrisser

„Speak softly and carry a big stick“ ist ein Spruch, der sich zu US-Präsident Theodore Roosevelt zurückverfolgen lässt. Frei übersetzt heißt er „Sprich sanft, aber hab einen Knüppel dabei“. Es bedeutet sinngemäß: Wenn man etwas einfordert, sollte man das freundlich tun. Wenn das Gegenüber sich aber verstockt zeigt, sollte man auch andere Mittel zur Verfügung haben.

Mehr Geltung könnte zum Beispiel das Recht auf Religionsfreiheit haben. Das hat sich die neue Bundesregierung gedacht und die Stelle eines Beauftragten für weltweite Religionsfreiheit geschaffen. Markus Grübel (CDU) soll sich künftig für die Belange religiöser Minderheiten einsetzen.

Die Jesiden im Irak und in Syrien, die Rohingya in Myanmar oder die Christen in Saudi-Arabien haben nun offiziell einen Fürsprecher in Deutschland. Das wird sie bestimmt total freuen. Mit dem „big stick“ meinte Roosevelt damals die US-Kriegsmarine. Nun wäre es natürlich Quatsch, wenn Grübel bei einem Besuch in, sagen wir, China mit einem Fregattengeschwader der Bundesmarine aufkreuzen würde. Dass die Idee, Freiheit auf der Spitze von Bajonetten zu bringen, hirnrissig ist, dürfte auch dem Letzten klar sein.

Jedoch muss man fragen, welche Konsequenzen die Ernennung Grübels hat, welche Mittel ihm zur Verfügung stehen. Der Koalitionsvertrag schweigt sich aber über seine Aufgaben aus, wenn man das Verfassen von Lageberichten in zweijährigem Abstand nicht mitzählt.

Roosevelts Satz lässt sich nicht nur als Rechtfertigung der Drohung mit Gewalt verstehen. Er kann auch bedeuten, dass alle Freundlichkeit nicht weiterhilft, wenn es die Bösewichte der Welt nicht kümmert und man sonst keine weiteren Optionen hat. Aber Optionen gäbe es auch jenseits von militärischer Machtprojektion.

Die Bundesregierung könnte die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Unterdrückern religiöser Minderheiten einschränken. Sie könnte keine Bürgschaften mehr für Geschäfte mit solchen Staaten übernehmen. Sie könnte verbieten, deutsche Waffen dorthin zu liefern. Sie könnte Handelsbeschränkungen verhängen oder in Deutschland geparktes Geld einfrieren. Sie könnte sich für internationale Strafverfolgung einsetzen. Sie könnte.

Diese Knüppel freilich täten nicht nur dem weh, den sie treffen. Wer schon einmal Holz gehackt hat, der weiß, wie sehr der Stiel der Axt schmerzen kann. Wirtschaftliche Einbußen müsste eine Bundesregierung in Kauf nehmen. Aus dem Koalitionsvertrag lässt sich nicht der kleinste Hinweis herauslesen, dass sie dazu bereit wäre. Chinesen oder Saudis müssen also nicht befürchten, dass es jetzt knüppeldick für sie kommen könnte.

Es ist leicht, für Religionsfreiheit zu sein, solange es nicht mehr kostet als die Einrichtung einer Stelle. Wenn aber von dem Beauftragten für weltweite Religionsfreiheit nichts weiter als Berichte herumkommen, dann ist das deutlich zu dünn.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare