Letzte Ruhe für Pudel Billy und Schildkröte Joe Joe

Georgina Derrant betreibt in Enkenbach-Alsenborn seit 2006 einen Tierwaldfriedhof – Nach fast 30 Jahren etwas völlig Neues angefangen

Kümmert sich auf Wunsch auch um die Grabpflege: Georgina Derrant auf dem Tierfriedhof in Alsenborn. Foto: view

Mit Blumenschmuck, Grabsteinen und Kerzen unterscheidet er sich auf den ersten Blick nicht von vielen anderen Friedhöfen in der Pfalz. Und dennoch ist die Begräbnisstätte, um die sich Georgina Derrant in Enkenbach-Alsenborn kümmert, in der Pfalz außergewöhnlich. Sie betreibt hier seit mehr als zehn Jahren einen Tierwaldfriedhof.

Hunde und Katzen schauen den Besucher auf vielen kleinen Fotos an den Grabsteinen an. Schildkröte Joe Joe ist mit ihren fast 50 Jahren wohl einer der ältesten Bewohner. Mehr als 300 Gräber gibt es mittlerweile hier – und das, obwohl die gebürtige Zweibrückerin nie groß Werbung gemacht hat für ihr Projekt, mit dessen Idee sie rund ein Jahr schwanger ging.

29 Jahre lang hatte sie zuvor als Sekretärin gearbeitet. „Irgendwann habe ich gemerkt, ich möchte etwas anderes machen, mehr direkten Kontakt zu Menschen haben“, sagt Derrant. Dass sie damit nicht reich werden würde, war ihr von vornherein klar. Mit rund zwei bis drei Tierbestattungen im Monat schätzte sie die Nachfrage im Vorfeld richtig ein und sparte ein Startkapital zusammen. „Jetzt komme ich mal null auf null raus, mal mit einem kleinen Gewinn.“ Ohne den Verdienst ihres Mannes ginge es nicht. Wohl auch deshalb gibt es relativ wenige Tierfriedhöfe in Rheinland-Pfalz.

Denn gleichzeitig ist der Aufwand relativ hoch, sagt Derrant: Gut zweieinhalb Jahre habe es trotz ihres kaufmännischen Hintergrunds gedauert, bis sie sämtliche rund ein Dutzend Genehmigungen gehabt habe – vom geologischen Landesamt in Mainz über die Wasserbehörde bis zum Veterinäramt. Dabei liegt der Tierfriedhof in Alsenborn keine 40 Meter entfernt vom Friedhof für Menschen.

Dennoch sei der Friedhof die richtige Entscheidung gewesen, da ist sich die Protestantin Derrant sicher. Die körperliche Arbeit an der frischen Luft macht ihr Spaß. Zwei- bis dreimal die Woche schaut sie im Sommer auf dem Friedhof nach dem Rechten, im Winter deutlich seltener. Vor allem aber haben sich unzählige Erlebnisse mit den Besitzern der Tiere, die sie jederzeit erreichen können, tief eingebrannt.

Der zehnjährige Junge, der Derrant ein kleines Stoffpüppchen mitgibt, als der Irische Wolfshund der Familie siebenjährig stirbt. „Du musst das mitnehmen, das ist sein Anhänger.“ Die Frau, die Derrant bittet, den Border Collie zu kühlen, bis ihr Mann von der Dienstreise zurück ist, um sich zu verabschieden. Das Mädchen, dass sich bei der Bestattung freut, dass die Katze jetzt bei Oma sein kann. Und der Mann, zu dem sie auch Jahre nach der Beerdigung seines Hunds noch per Post Kontakt hält.

Den Menschen Zeit zum Abschied nehmen lassen, ist Derrant wichtig. Deshalb nimmt sie sich selbst auch Zeit. Macht auf Wunsch Fotos von einer Pfote des Tiers – mit Blumen oder zusammen mit der Hand des Tierhalters. Einmal wurde sie angerufen, um eine neun Jahre alte Katze abzuholen. Den zwei Kindern, ein fünfjähriger Junge und ein dreijähriges Mädchen, machte sie klar, dass die Katze mitnichten schlafe, die Kinder das Tier aber ruhig anfassen könnten. Rund drei Stunden blieb sie dort. Am Morgen des Heiligen Abends. „Wenn man nur Tiere liebt, sollte man das nicht machen“, sagt Derrant. „Man muss auch gut mit Menschen können.“ Ganze Kindergartengruppen besuchen Derrant mitunter, wenn es um das Thema Tod geht.

Wenn Hund und Katze im Leinentuch oder Kartonsarg beerdigt werden, kommen durchaus auch mal 15 Leute – inklusive Nachbarschaft. Häufig wird am Grab über das Tier gesprochen, manchmal hört sie auch ein Gebet. Bei der Beerdigung eines Häschens war sogar mal ein Pfarrer dabei. Sie denke schon, dass die meisten, die ihr Tier hier beerdigen, durchaus gläubig seien, sagt Derrant. Oder zumindest ein Leben nach dem Tod für möglich halten. Sie selbst ist davon in jedem Fall überzeugt. Und kann vielleicht auch gerade deshalb so viel Idealismus und Engagement in ihre ­Arbeit legen. Florian Riesterer

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