Kirchenleitung vor dem großen Umbruch

von Klaus Koch

Klaus Koch

Männlich, Dekan und mehr oder weniger deutlich über 50 Jahre alt: Das ist das Profil der neuen geistlichen Oberkirchenräte in der pfälzischen Landeskirche im 21. Jahrhundert. Manfred Sutter war 2009 bei seinem Amtsantritt 52 Jahre alt und zuvor Dekan in Bad Bergzabern, Rainer Schäfer war bei seiner Wahl 2004 Dekan in Pirmasens und 56 Jahre alt, Michael Gärtner, Jahrgang 1955, ist seit 2012 Oberkirchenrat und war zuvor Dekan in Ludwigshafen. Der Favorit für die Nachfolge von Oberkirchenrat Gottfried Müller, Armin Jung, ist 59 Jahre alt und Dekan in Neustadt.

Das mag Zufall sein, ist aber beim Vergleich mit den geistlichen Oberkirchenräten, die zum Ende des 20. Jahrhunderts gewählt wurden, auffällig. Damals wie heute galt zwar: alles Männer. Aber keiner war schon 50 Jahre alt, und keiner war zuvor Dekan. Eberhard Cherdron war Landesdiakoniepfarrer, bevor er 1989 sein Amt antrat, Klaus Bümlein kam knapp zwei Jahre später vom Predigerseminar in die Kirchenleitung. Im Jahr 1999 folgten Christian Schad, zuvor Referent im Landeskirchenrat, und Gottfried Müller, der bis dahin das Religionspädagogische Zentrum in Neustadt leitete.

Über viele Jahre hieß es in der Landeskirche, die mittlere Ebene, also die Kirchenbezirke, müssten gestärkt werden. Bei den Dekanen hat das offen­bar funktioniert. Gleichzeitig scheinen die Pfarrer der übergemeindlichen Dienste an Gewicht verloren zu haben. Nicht nur, dass keiner aus diesem Kreis Oberkirchenrat wurde, es hat seit sehr vielen Jahren nicht einmal einer kandidiert. Um die Gründe dafür zu begreifen, ist ein Blick auf die vor wenigen Jahren erstellte Portfolioanalyse der Synode hilfreich, in der die Prioritäten der Landeskirche festgelegt wurden.

Das Gemeindepfarramt lag dabei unangefochten an der Spitze. Und Dekane sind schließlich so etwas wie Obergemeindepfarrer. Die Vertreter der übergemeindlichen Dienste hingegen sind in einer kleiner und ärmer werdenden Kirche viel mehr damit beschäftigt, ihre Existenzberechtigung nachzuweisen, als offensiv in die Kirchenleitung zu streben. Das mag denjenigen, die die Gemeinde als Kernaufgabe der Kirche verstehen, gefallen. Denjenigen, die eine Volkskirche wollen, die in allen gesellschaftlichen Bereichen präsent ist, muss es zu denken geben.

Beim Blick aufs Alter der Oberkirchenräte – der weltlichen wie der geistlichen – fällt noch eine weitere Besonderheit auf. Alle Amtsinhaber liegen im Lebensalter kaum mehr als vier Jahre auseinander, die Spanne reicht von Jahrgang 1955 bis Jahrgang 1959. Das bedeutet, dass in der Kirchenleitung ein großer Umbruch bevorsteht. Das wird sich auch auf die Nachfolge von Kirchenpräsident Schad auswirken. Neuer Kirchenpräsident wird auf keinen Fall ein Kandidat, der als Oberkirchenrat in Speyer wenigstens eine Wahlperiode lang Erfahrung gesammelt hat.

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