In einer Welt der faulen Kompromisse

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Wie war das noch bei der Amtseinführung Trumps? Es gab deutlich weniger Teilnehmer als bei der Einführung Obamas und die Behauptung: das größte Publikum, das jemals bei einer Vereidigung anwesend war. Nachdem die Zahlen das Gegenteil bewiesen, kam die bizarre Erklärung: Das sind „alternative Fakten“. Die Welt hat Trump gewähren lassen und sich längst an solche „Fake News“ gewöhnt, die nichts anderes sind als Lügen, die ein friedliches Leben unmöglich machen.

Auch in Deutschland und Europa haben sich Aussage und Wirklichkeit immer weiter voneinander entfernt. Zum einen gibt es eine Gruppe von Hirnlosen, die sich kurioserweise als „Querdenker“ bezeichnet und trotz Tausender Toter die Gefährdung durch das Coronavirus leugnet. Zum anderen gibt es Regierungen, die mit ihren Mehrheiten die Rechtsstaatlichkeit abschaffen wollen, während sich die Europäische Union in bürokratisch-verkniffener Zurückhaltung übt. Und dann gibt es noch das merkelsche Kungeln mit dem Autokraten Erdogan um die Flüchtlingszahlen: Der untaugliche Versuch, sich freizukaufen, wird mit menschlichem Elend und staatlicher Erpressung bezahlt.

Joe Biden und Kamala Harris sind Hoffnungsträger. Für die USA und für Europa wird es aber ein langer Weg, sich aus der Unwahrhaftigkeit zu befreien. Wir leben in einer Welt der faulen Kompromisse, einer Variante der Lüge auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners. Wir müssen wieder sagen, was wir für richtig und für falsch halten. Demokratie braucht den Streit ohne Feindschaft und ein Wertefundament: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Vier Jahre Trump unterstreichen das Böckenförde-Diktum dick und fett.

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