Heine hätte sehr gut schlafen können

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Es ist schon schwer, in diesen Nächten an Deutschland und Europa zu denken und nicht an Schlaflosigkeit zu leiden. Zeiten des Umbruchs sind es allzumal, aber allzu vielversprechend sind sie nicht. Die Vorgänge in Warschau erinnern an das Jahr 1933 in Berlin, die Abschottung Ungarns zeigt den moralischen Verfall eines Staates binnen 25 Jahren auf, und das andauernde Chaos in Griechenland dokumentiert den Zustand der EU. Jetzt wird auch noch der rechtsextreme Front ­National in Frankreich zur stärksten Kraft gewählt, und demnächst stimmen die Briten über ihren Verbleib in Europa ab.

Dieser Verfall der EU geschieht in einem Klima der Angst nach den Terrorangriffen von Paris und in der Sorge über die hohe Zahl von Flüchtlingen, die in Deutschland breite Bevölkerungsschichten miteinander teilen. Die Politiker streiten derweil über die richtige Bezeichnung von Flüchtlingsunterkünften und über die Schuld des politischen Gegners an der schleppenden Bearbeitung der Asylanträge. Heinrich Heine hätte 1844 eigentlich sehr gut schlafen können.

Jetzt rufen die Kirchen dazu auf, gegen den Missbrauch des Islam durch Terrorbanden anzukämpfen und für eine gelingende Integration einzutreten – besonders prägnant und fundiert der Ratsvorsitzende der EKD, Professor Heinrich Bedford-Strohm, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Ihm geht es darum, jene Muslime zu ­unterstützen, die das Friedenspotenzial ihrer Religion betonen. Das Erlernen der deutschen Sprache und die Orientierung am Grundgesetz sind für ihn die Grundlagen der Integration und des Zusammenlebens: Toleranz, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung und Antirassismus. Das macht Mut, aber das gilt auch für uns.

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