Handwerk bietet gute Daseinsformen

von Klaus Koch

Klaus Koch

Der Trend in Deutschland setzt sich fort: Die Studentenzahlen nehmen zu, Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Der jüngste OECD-Bildungsbericht warnt vor dieser Entwicklung. Schon jetzt fehlen Beschäftigte im Gesundheitswesen. In wenigen Jahren wird es kaum noch Menschen geben, die Dächer decken, Heizungen reparieren, Fliesen legen oder Wände tünchen. Dabei wird Deutschland weltweit für sein duales Ausbildungssystem in Betrieben und Berufsschulen beneidet. In kaum einem anderen Land gelingt jungen Menschen so reibungslos der Übergang von der Schule in den Beruf.

Jahrelang hieß es: je höher der Bildungsabschluss, desto höher später die Lebens­qualität. Entsprechend werden Kinder mit höchstem Aufwand zur Hochschulreife getrieben. Gleichzeitig wurden die Hochschulen an internationale Standards angepasst. Bachelor und Master ersetzten das Diplom. Doch Arbeitgeber beklagen, der Bachelor sei oft nicht zu gebrauchen. Deutschland produziert immer mehr mittelmäßige Studenten und immer weniger gute Facharbeiter.

Eine moderne Gesellschaft braucht viele Hochschulabsolventen. Aber das reicht nicht. Deutschland hat noch zu viele Jugendliche ohne oder mit schlechtem Schulabschluss. Diese Benachteiligten müssen in Schule und Ausbildung früher und stärker gefördert werden, ebenso die zahlreichen jungen Flüchtlinge. Das wird ganz gewiss teuer. Aber es wird sich langfristig auszahlen, den Mittelstand zu stärken, der mit seinen Beschäftigten jahrzehntelang für Wohlstand gesorgt hat. Es gilt für die Erkenntnis zu werben, die der Schulminister Mecklenburg-Vorpommerns, Mathias Brodkorb, so formulierte: Auch nicht akademische Berufe sind eine ehrenwerte menschliche Daseinsform.

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