Erinnerungskultur statt Nazivergleich

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

Gut in Erinnerung sind die Vorwürfe der türkischen Regierung, als Deutschland und die Niederlande 2017 die Auftritte türkischer Politiker bei Wahlveranstaltungen untersagt hatten. Von Nazi-Methoden war die Rede, die türkische Zeitung „Günes“ zeigte die Bundeskanzlerin mit SS-Uniform, Hakenkreuzbinde und Hitler-Bärtchen. Während den Verhandlungen in der Schuldenkrise Griechenlands druckte eine Zeitung eine Karikatur, in der Wolfgang Schäuble als KZ-Kommandant Griechen in ein Lager treibt, dessen Eingang Auschwitz nachempfunden war.

Die Liste von Nazivergleichen ist lang. Was die Vergleiche hervorrufen, sind Aufmerksamkeit und eine Welle der Empörung. Nun ist der polnische Vizepräsident des EU-Parlaments, Ryszard Czarnecki, über einen Nazivergleich gestolpert. Das Parlament stimmte für eine Absetzung des Politikers, der die proeuropäische polnische Europaabgeordnete Roza von Thun mit einer „Szmalcownik“ verglichen hatte. Damit werden in Polen Nazikollaborateure bezeichnet. Damit wurde zum ersten Mal in der Geschichte des EU-Parlaments ein Amtsträger aufgrund Artikel 21 der EU-Grundrechte-Charta abgewählt, in dem es um Nichtdiskriminierung geht.

Ein gutes Signal. Schließlich verharmlosen diese Vergleiche die Verbrechen der Nationalsozialisten. Auf der anderen Seite fühlen sich mit diesen Vergleichen all die bestärkt, die Deutschland zu Unrecht am Pranger sehen: dass doch gerade aufgrund der Absurdität mancher Vergleiche endlich Schluss sein müsse mit dem Verweis auf die unrühmliche Geschichte Deutschlands. Dabei ist gute Erinnerungskultur wichtig. Nicht zuletzt, weil antisemitische Straftaten von Rechtsradikalen gegen Juden oder jüdische Einrichtungen hierzulande nicht abnehmen.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare