Einschränkungen schützen die Freiheit

von Martin Schuck

Martin Schuck

Will man die Debatte, die nach den Terroranschlägen von Paris die öffentliche Meinung bestimmt, unter eine Leitfrage stellen, kann diese nur lauten: Ist der Wunsch nach Sicherheit vor Terroranschlägen nur um den Preis der Einschränkung von Freiheit zu ­haben? Die Reaktionen mancher Politiker auf die Ankündigung einiger Staaten, Grenzkontrollen einzuführen, um die Ein- und Ausreise verdächtiger Personen kontrol­lieren zu können, lassen beinahe den ­Untergang des Abendlands befürchten.

Eine vorschnelle Antwort auf die Frage nach dem Zusammenhang von Sicherheit und Freiheit verbietet sich. Freiheit ist ein Menschenrecht, das von früheren Gene­rationen hart erkämpft werden musste. ­Rechte, die erkämpft wurden, mussten immer schon gegen Missbrauch und Verlust durch gedankenlosen Umgang verteidigt werden. Erst, wenn Menschen merken, wie leicht diese als selbstverständlich betrach­teten Rechte verloren gehen können, lernen sie deren Wert zu schätzen.

Die gegenwärtige Terrorgefahr bedroht jeden Bürger, denn jeder kann Opfer eines Anschlags werden, wenn er sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhält. Insofern ist die Bedrohung durch den islamistischen Terror für die Bevölkerung konkreter als der Terror der RAF in den 1970er Jahren, als vor allem das Spitzenpersonal in Wirtschaft und Politik Ziel von Anschlägen war. Damals reagierte die Gesellschaft sensibel auf drohende Einschränkungen von Freiheitsrechten. Heute jedoch reagiert die Politik mit der Einschränkung grenzenloser Freizügigkeit auf eine ­vorausgehende echte Bedrohung der Freiheit. Wenn durch Terror eine Atmosphäre der Angst geschaffen wird, dienen Ein­schränkungen dem Schutz der Freiheit.

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