Ein Weckruf zur rechten Zeit

von Martin Schuck

Martin Schuck

Angesichts der Erklärung eines chinesischen Wissenschaftlers, er habe das Erbgut zweier Mädchen gentechnisch so verändert, dass sie gegen eine Aids-Infizierung immun seien, scheint sich ein alter Satz zu bewahrheiten. Dieser Satz lautet: Wenn etwas technisch möglich ist, wird es auch irgendwo von irgendjemandem gemacht, egal, welche ethischen Bedenken es dagegen gibt. Und tatsächlich gab es sowohl bei den Ethikern als auch bei den Biologen und Medizinern eine klare Ablehnung des chinesischen Vorstoßes.

Das Verändern des menschlichen Erbguts, eine sogenannte Keimbahnintervention, ist in Deutschland seit 1990 verboten. Begründet wird das Verbot mit den nicht absehbaren Folgen für das betroffene Individuum. Genau diese Bedenken stellen auch für die meisten Forscher den wichtigsten Grund dar, derzeit noch keine Veränderungen am menschlichen Erbgut vorzunehmen. Hier einfach mal loszulegen, wie es der chinesische Forscher He wohl gemacht hat, muss als egoistische Spielerei betrachtet werden. Der Forscher bekommt höchste Aufmerksamkeit, wird weltweit bekannt, aber die beiden Mädchen müssen mit den möglichen Folgen leben. Diese Folgen könnten darin bestehen, so die Meinung einiger Forscher, dass die Immunität gegen Aids mit einem sehr viel höheren Krebsrisiko erkauft wird.

Für die Wissenschaft ist der Vorfall ein Weckruf zur rechten Zeit, und viele Wissenschaftler haben das verstanden. An Universitäten und in Labors wird weiter an der Veränderung menschlichen Erbguts geforscht. Fatal wäre es, wenn der Eindruck hängen bliebe, dass jeder Forscher machen kann, was er will, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Eine internationale Ächtung des chinesischen Forschers wäre das richtige Zeichen.

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