Ein Besuch im „Hinterhof“ der USA

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Als die Kubakrise im Oktober 1962 ihren Höhepunkt erreichte und die USA der Sowjetunion mit dem Einsatz von Atomwaffen drohten, saßen in Deutschland viele Fami­lien vor dem noch neuen Schwarz-Weiß-Fernseher und wurden sich der Folgen des drohenden Atomkriegs erstmals bewusst. Als US-Außenminister Kerry vor wenigen Tagen Kuba besuchte und in Havanna nach 54 Jahren diplomatischer Abstinenz eine US-Botschaft eröffnete, nahm die Weltöffentlichkeit diese kleine Sensation im „Hinterhof“ der USA ohne großes Aufsehen zur Kenntnis.

Es ging ja auch nie um die „große Schöne“ unter den Karibikinseln. Es ging um das Machtpoker zwischen Ost und West. Jetzt geht es um Wirtschaftsinteressen vor der Küste Floridas, weil sich Russen und Chinesen für Kuba interessieren. Bereits seit 1962 besteht das Embargo, mit dem die USA den Inselstaat isolieren. Welche Folgen eine solche Politik hat, konnte John Kerry bei seinem Besuch in Havanna selbst in Augenschein nehmen. Die Altstadt – immerhin Unesco-Weltkulturerbe, an dem nur stellenweise renoviert wird – verfällt seit Jahrzehnten. Und die noch immer präsenten US-Oldtimer sind nicht nur Ausdruck handwerklicher Kunst, sie sind wie die beiden Währungen des Landes vor allem ein Zeichen der Not.

Rund 150 Kilometer von Florida entfernt, war das Kuba der Mafia zunächst die „Vergnügungsinsel“ der USA, durch Che Guevara und Fidel Castro wurde es zum weltweiten Symbol des bewaffneten Widerstands verklärt und von den USA als ständige Provokation vor der eigenen Küste vergeblich bekämpft und gehasst. Nicht nur für die Karibik wäre es ein Zeichen der Hoffnung, wenn 56 Jahre nach dem Sturz des letzten kubanischen Diktators Batista Versöhnung möglich würde.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare