Drei Fragezeichen im Wortwahlkampf

von Stefan Mendling

Stefan Mendling

„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe ­Neger …“, so soll der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke 1962 bei einem Staatsbesuch in Liberia seine Gastgeber begrüßt haben – bis heute für viele eine lustige Anekdote. Manche halten den Ausspruch allerdings für frei erfunden. Zumindest gibt es keine Tonaufzeichnung dieser berühmt-berüchtigten Rede. Und somit kann man ­Lübke im Nachhinein nichts vorwerfen.

Das gilt nicht ganz für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Der hat in der ARD-Talkshow „Hart, aber fair“ gesagt: ­„Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat.“ Die Frage ist nun, wie er es gemeint hat: War es eine Respektlosigkeit? War es gar Rassismus? Nein, Herrmann wollte, so beteuert er, einen Menschen schlagfertig kontern, der in einem Einspieler respektlose und rassistische Bemerkungen über farbige Menschen gemacht hatte. Seine Wortwahl war aber mehr als unglücklich.

Mehr als unglücklich ist auch eine weiße amerikanische Frau, die bei einer Samenbank den Samen eines weißen Spenders ­bestellt hatte, um ein weißes Kind zu ­gebären. Zur Welt gebracht hat sie aber durch eine Verwechslung der Spender ein Kind mit dunkler Hautfarbe. Ihr Unglück ist so groß, dass sie die Samenbank verklagt hat. Denn bei aller Liebe besteht sie auf 50 000 Dollar Schadenersatz, weil sie dazu verurteilt ist, die Mutter eines farbigen Kindes zu sein.

Respektlosigkeit oder Rassismus? Die Beispiele zeigen: Es ist keine Frage der richtigen Wortwahl, sondern nach dem Wert des ­Menschen. Und solange die Hautfarbe dabei eine Rolle spielt, hat das Wort „Neger“ einen üblen Beigeschmack. Auch bei Joachim Herrmann. Auch, wenn er es gut gemeint hat.

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