Die Dritte Liga ist leider kein Fegefeuer

von Martin Schuck

Martin Schuck

Die biblischen Gleichnisse, meist von Jesus erzählt, um seinen Jüngern das Himmelreich zu erklären, stellen oft Situationen des Alltags in den Mittelpunkt. Ein Sämann, Arbeiter im Weinberg oder der verlorene Sohn – alles kann zum Gleichnis werden. Aber gibt es auch heute Situationen des Alltags, die gleichnisfähig sind? Weil immer wieder Begriffe aus dem Fußball benutzt werden, um Situationen im persönlichen Leben, aber auch in der großen Politik zu erklären, kann gefragt werden, ob der Fußball selbst als Gleichnis taugt.

Der bekannteste pfälzische Verein, der 1. FC Kaiserslautern (FCK), steht in den Augen vieler für den langsamen Abstieg aus der Spitze des deutschen Fußballs hinein in die Niederungen der Zweiten Bundesliga und schließlich der tiefe Fall in die Dritte Liga, 20 Jahre nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft. Würde der FCK sofort wieder aufsteigen und den Weg nach oben sogar mit dem Aufstieg in die höchste Klasse krönen, wäre das ein Fußballmärchen, hätte aber wenig Poten­zial für ein echtes Gleichnis, das mehr Sinngehalt haben muss als nur eine schöne Geschichte zu sein.

Zu einem Gleichnis könnte die Geschichte des FCK dann werden, wenn man die Dritte Liga mit der katholischen Vorstellung vom Fegefeuer vergleicht. Unter dem Fegefeuer versteht die katholische Kirche eine Läuterung der Seele nach dem Tod. Es ist ein Zwischenzustand, der als Ort vorgestellt wird, in dem die Seelen der Verstorbenen gereinigt werden, um anschließend in den Himmel zu kommen. Weil das Ziel des Fegefeuers der Aufstieg in den Himmel ist, könnte der Dritten Liga gleichnishaft die Rolle zukommen, einen sportlichen und vielleicht auch finanziellen Reinigungsprozess zu ermöglichen, der einen Aufstieg in höhere Spielklassen möglich macht. Und weil das Fegefeuer seinen Sinn verliert, wenn eine Seele für die Hölle vorgesehen ist, können die Anhänger des FCK ganz sicher mit einem Wiederaufstieg rechnen – allerdings ist es keinem Menschen vergönnt, Näheres über die Dauer des Fegefeuers zu wissen. Sicher ist nur, dass der Absturz in die Hölle der Regionalliga in diesem Gleichnis nicht vorgesehen ist.

Leider hat die Reformation die Lehre vom Fegefeuer verworfen und damit den protestantischen Anhängern des FCK verwehrt, im Gleichnis von der Dritten Liga Hoffnung auf den Wiederaufstieg zu finden. Eine Läuterung der Seele nach dem Tod wurde von den Reformatoren abgelehnt, weil der Mensch allein durch Glaube gerechtfertigt werde. An die Stelle der – wenn auch verschobenen – Heilsgewissheit ist deshalb der Zweifel getreten. Im Calvinismus, der in der Pfalz besonders früh stark wurde, konnte der Weg sogar in die von Gott vorbestimmte Verdammnis führen – ohne die Möglichkeit, durch Glauben oder Werke etwas ändern zu können. Für die protestantischen Anhänger des FCK sind das keine guten Aussichten.

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