Die Corona-Krise hilft dem Klima nicht

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

„Fight every crisis“, „Bekämpft jede Krise“, war jüngst auf der Berliner Reichstagswiese zu lesen. Das Buchstabenmaterial: mehrere tausend Schilder und Plakate von rund 70 Ortsgruppen der Bewegung „Fridays for ­future“. Stimmt, da war doch was. Wochen, monatelang gingen Schüler – und zuletzt nicht nur Schüler – auf die Straße. Im Internet geht der Protest weiter. Denn den Klimawandel gestoppt hat das Virus leider nicht. Die Monate Januar bis März waren in Europa das wärmste erste Quartal seit 100 Jahren. Im April fielen in Deutschland nur fünf ­Prozent der sonst üblichen Regenmenge, seit drei Wochen brennt der knochen­trockene Wald rund um Tschernobyl.

Den Appell von der Reichstagswiese würden wohl alle unterschreiben. Und dass Regierungen willens sind, unpopuläre Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen durchzusetzen, dass die Menschen dies befolgen, wenn es dem Schutz aller dient, haben alle gesehen. Das Klima wird es künftig trotz Alarm schlagender Bauern schwer haben, sich zu verkaufen. Wir haben jetzt wichtigere Probleme, müssen erstmal die Wirtschaft hochfahren, ist jetzt schon von Politikern und Industriezweigen zu hören, denen die Pläne der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden, ohnehin zu ambitioniert waren.

Ja, es ist wichtig, dass schnell wirtschaftliche Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Den „Green Deal“ aber als Luxus zu verkaufen, den man sich jetzt nicht leisten kann, ist ein Totschlagargument auf Jahre. Schließlich wird es dauern, bis sich die Wirtschaft erholt. Krise gegen Krise ausspielen ist unredlich. Genauso wenig Sinn würde es machen, nach Corona die bessere Bezahlung von Altenpflegern hinten anzustellen, weil die ja schließlich keine Autos bauen.

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