Der Mannschaft fehlt es an Courage

von Klaus Koch

Klaus Koch

Auch Tage danach gibt das Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft Rätsel auf. Das Rätselhafte ­dabei ist nicht das Scheitern an sich. Die Mannschaft war einfach schlecht und offensichtlich nicht besonders hungrig nach ­Erfolg. Nein, denkwürdig sind vielmehr die unterschiedlichen Reaktionen auf das ­kollektive Versagen der jungen Millionäre. Kaum Enttäuschung oder Zorn in den sozialen Netzwerken, dafür viel Häme gegen die deutsche Mannschaft und vor allem anti­türkische Hetze wegen des Besuchs der Spieler Özil und Gündogan bei Erdogan.

Es ist viel passiert im Land seit dem Sommermärchen 2006, als sich Deutschland als weltoffener, fröhlicher und charmanter Gastgeber präsentierte und mit erfrischendem Fußball Dritter bei der Heim-Weltmeisterschaft wurde. Rassisten fühlen sich im Aufwind. Und bei der Herabwürdigung der türkischstämmigen Nationalspieler hoffen sie darauf, einmal nicht nur Beifall von dumpfen Gleichgesinnten zu bekommen. Leider geht ihr Kalkül auf, von offizieller Seite ergreift niemand Partei für die Betroffenen. Was bedauerlich ist, da gerade der Fußball die Kraft hätte, von früher Jugend an das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen einzuüben.

Dass es auch anders geht, zeigen die Schweden. Deren türkischstämmiger Spieler Jimmy Durmaz wurde nach dem Foul, das zum entscheidenden Freistoßtor von Toni Kroos führte, mit wüsten Beleidigungen und Morddrohungen überschüttet. Daraufhin ­haben seine Mitspieler zunächst mit einer ­emotionalen Erklärung ein starkes Zeichen gegen Rassismus gesetzt und danach Mexiko mit 3:0 geschlagen. Für beides fehlt der ­deutschen Mannschaft derzeit die Courage.

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