Der liebe Gott hat sich was gedacht

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Was die Rechte Homosexueller angeht, war Deutschland immer ein Nachzügler. Seit 2001 gab es die eingetragene Lebenspartnerschaft, und seit Oktober 2017 dürfen gleichgeschlechtliche Paare heiraten – deutlich später als in den meisten westeuropäischen Ländern. Paragraf 175, am 15. Mai 1871 im Kaiserreich eingeführt, wurde noch in der Bundesrepublik eifrig angewendet: 50 000 Urteile und 100 000 Strafverfahren. Erst 1994 wurde der Paragraf für „die 175er“ aufgehoben und das Schutzalter für Kinder und Jugendliche in den neuen und alten Bundesländern vereinheitlicht.

Jetzt sollen sogar die „Konversions-“ oder „reparativen Therapien“ gesetzlich verboten werden, die aus Schwulen und Lesben wieder heterosexuelle Menschen „machen“. Gesundheitsminister Spahn (CDU) greift damit eine Forderung auf, die vom Berufsverband der deutschen Psychiater (2009) sowie vom Weltärztetag und der Bundesärztekammer (2013) schon länger gestellt wird. Aber immerhin, er tut es und betont: „Ich halte nichts von diesen Therapien, schon wegen meines eigenen Schwulseins. Ich sage immer, der liebe Gott wird sich was dabei gedacht haben.“

Die Diskussion um dieses Gesetzesvorhaben dürfte spannend werden. Homosexualität wird auch hierzulande noch immer als Krankheit missverstanden und in konservativen religiösen Kreisen aus „ethisch-moralischen Gründen“ abgelehnt. Wenn Homosexualität aber keine Krankheit ist, braucht sie auch keine Heilung. Für den Berufsverband der Psychiater ist sie schlicht eine häufige Form menschlichen Zusammenlebens, die keiner Therapie bedarf. Zu behandeln ist daher nicht die Homosexualität, sondern der Konflikt mit jenen religiösen und gesellschaftlichen Normen, der aus ihr entsteht.

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