Den Ruf retten keine Baumillionen

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

Kirchensanierungen sind teuer. Das merken nicht nur Pfälzer Pfarrer und Pfarrerinnen. Rund 30 Millionen Euro muss die Kirchengemeinde der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in den kommenden Jahren hinlegen: für die Sanierung des Ensembles aus Turmruine, Gedenkhalle sowie Kirche, Kapelle und Glockenturm aus dem Jahr 1961. Allein die 5125 blauen Beton-Glasfelder und die 204 Betonwabenelemente des Turms verschlingen vier Millionen Euro. Seit Ende März ist das seit fünf Jahren stehende Baugerüst nicht mehr zu sehen. Dafür prangt dort nun Werbung des weltweit umstrittenen Mobilfunkanbieters Huawei. Die Idee ist nicht neu. 1999 blickte Topmodel Claudia Schiffer von einem Plakat und bewarb Kosmetik, 2006 waren ein Bank- und ein Mobilfunkanbieter die Sponsoren.

Dagegen ist nichts einzuwenden. „Werbung ist unsere einzige Chance, an Eigenmittel zu kommen“, verteidigt sich Gedächtniskirchenpfarrer Martin Germer wie schon in der Vergangenheit gegen Kritik. Und Beweise für Spionagetätigkeiten von Huawei gibt es immer noch nicht. Klar ist aber: Der Werbeträger gewinnt durch den Kirchturm Aufmerksamkeit, die er mit einer anderen Fläche so nicht hätte.

In Zeiten wachsenden finanziellen Drucks auf Kirchengemeinden sollten diese deshalb genau prüfen, wofür der Werbepartner steht und welche ethischen und moralischen Standards er an sich anlegt. Sonst macht sich die Kirche unglaubwürdig, was ihr christliches Menschenbild betrifft. Und ist der eigene Ruf erst einmal geschädigt, ­können daran die 30 Millionen Euro für die Bausubstanz auch nichts mehr ändern.

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