Debatte nötig zu Robotern in der Pflege

von Renate Haller

Renate Haller

Robbie hat große Kulleraugen, ist zur Stelle, wenn man ihn braucht und singt Lieder, in die jeder einstimmen kann. Robbie ist ein Roboter. Informatiker von der Universität Siegen und der Fachhochschule Kiel programmieren ihn in einem Pilotprojekt für seinen Einsatz in Altenheimen. Was klingt wie Science-Fiction, ist gar nicht weit weg. Es gibt bereits künstliche Robben, die ein Bedürfnis nach Nähe stillen. Paro etwa kommt aus Japan und wird seit 2004 verkauft. Wenn man sie streichelt, gibt sie zufriedene Laute von sich. Paro ist ein Pflege-Assistenzroboter und hilft bei der Betreuung von Demenzkranken.

Roboter in der Pflege: Was zunächst fremd und vielleicht abstoßend klingt, hat Vorteile. Für das Jahr 2030 sagt die Bertelsmann-Stiftung in ihrem Pflegereport 500000 fehlende Pflegekräfte voraus. Eine Situation, in der Roboter hilfreich sein können. Sie animieren alte Menschen zu trinken, sich zu bewegen oder zu spielen. Roboter treffen unter Stress keine falschen Entscheidungen oder vergreifen sich im Ton. Sie sind auch nicht verletzt, wenn Pflegebedürftige genervt sind, schimpfen oder gar um sich schlagen.

Doch was ist das für eine Gesellschaft, die ihre Alten einem Roboter überlässt? Was ist mit Empathie, Fürsorge, menschlicher Ansprache? Gerade demente Menschen brauchen dies. Deshalb kommt Robbe Paro auch nur in Begleitung von menschlichen Betreuern zum Einsatz. „Künstliche Intelligenz kann niemals persönliche Ansprache, das Zuhören und Beraten, das Betreuen ersetzen“, sagt der Philosoph Richard David Precht und geht davon aus, dass pflegende und soziale Berufe auch trotz der Digitalisierung Zukunft haben.

Das haben sie sicher. Es wäre ein Fehler, wolle man versuchen, sie durch Roboter zu ersetzen, die weder über Mitgefühl noch über soziale Kompetenz verfügen. Deshalb ist es erstens dringend geraten, die Attraktivität des Pflegeberufs durch ein besseres Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen zu erhöhen. Dabei kann auch Robbie helfen. Er kann mit einfachen Aufgaben, mit Unterhaltung und Überwachung Tätigkeiten in einem Altenheim übernehmen und den Pflegekräften dringend benötigte Zeit für die menschliche Zuwendung verschaffen.

Zweitens ist eine ethische Debatte notwendig, welche Aufgaben Robbie darüber hinaus übernehmen kann, ohne dass der Pflege Menschlichkeit verloren geht. Wie oft soll ein Roboter den Menschen zum Trinken auffordern? Wo ist die Grenze der Selbstbestimmung erreicht? Roboter sind Maschinen, ihre Programmierung muss zum Thema werden. In diese Diskussionen müssen Pflegekräfte einbezogen werden, damit sie ihr Verhältnis zu den „neuen Kollegen“ mitbestimmen können. Auch Schulungen sind nötig, damit Menschen die Maschinen beherrschen und nicht umgekehrt. Leitsatz sollte sein: Lasst die Maschinen machen, was nötig ist und nicht alles, was theoretisch möglich wäre

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