Das kühne Kunststück des Kirchenpräsidenten

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Helmut Kohl, von 1982 bis 1998 Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, hat den rechtzeitigen Ausstieg aus seinem Amt nicht geschafft. Er blieb seinem Metier und seiner Leidenschaft, der Politik, länger verbunden als es seinem Amt und seiner Partei guttat. Aber Helmut Josef Michael Kohl, 1930 in Ludwigshafen geboren, steht damit nicht alleine. Dass ein Abschied aus einem prominenten Amt auch ganz anders geschehen kann, zeigt jetzt ein Pfälzer Kirchenpräsident, 1958 in Ludwigshafen geboren.

Christian Schad hätte keinen Grund, seine zweite Amtszeit (jeweils sieben Jahre) bis November 2022 nicht zu vollenden. Auch die in 2021 neu zu wählende pfälzische Landessynode hätte sicherlich keine Probleme damit, seine Amtszeit bis zur Beendung seines 66. Lebensjahrs im Februar 2024 zu verlängern. Immerhin ist Schad als Vorsitzender der Union Evangelischer Kirchen (UEK) einer der rar gesäten profilierten Theologen in der EKD. Aber in der Ungleichzeitigkeit dieser und weiterer Wahlämter liegt wohl das Problem.

Christian Schad, der Theologie tatsächlich nur existenziell, also mit „Haut und Haaren“, betreiben kann, hat sich die Entscheidung über seinen vorzeitigen Abschied sicherlich nicht leicht gemacht. Wer ihn kennt, weiß, dass er mit sich ringt und das Ergebnis im Anschluss freudestrahlend der Öffentlichkeit erklärt – gemäß seiner Lieblingsstelle aus dem 2. Timotheusbrief: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“

Schad hat sich gegen den Wunsch seiner Eltern zum Studium der Theologie entschlossen, und er hat seine Ämter stets gelebt: als Pfarrer in Weingarten und als Referent im Landeskirchenrat, wo er den Regionalteil des neuen Evangelischen Gesangbuchs für Südwestdeutschland und Elsass erarbeitet hat; ab 1996 im Predigerseminar in Landau; ab 1998 als Oberkirchenrat in Speyer und seit 2008 als Kirchenpräsident.

Wenn er jetzt frühzeitig mitteilt, dass er mit Vollendung seines 63. Lebensjahrs Ende Februar 2021 in den Ruhestand geht, ist das nicht nur konsequent, sondern auch aller Ehren wert. Er räumt das Feld für die frühzeitige und freie Entscheidung über seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger, die bereits im Mai 2020 gewählt werden können. Seine engsten Mitarbeiter gehen 2021 zum gleichen Zeitpunkt in Ruhestand oder übernehmen andere Aufgaben. Mit den Neuwahlen der Presbyterien, Bezirkssynoden und der pfälzischen Landessynode sowie der Vollversammlung der UEK werden auch auf kirchenpolitischer Ebene die Karten neu gemischt.

Mit diesem Plan gelingt Christian Schad ein kühnes Kunststück: Das Amt des pfälzischen Kirchenpräsidenten wird erstrebenswert und erreichbar für Kandidaten außerhalb der Hierarchie des Landeskirchenrats – sogar für solche, die zurzeit nicht in der pfälzischen Landeskirche tätig sind.

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