Das Gespenst der Vergangenheit

von Martin Schuck

Martin Schuck

Die militärische Lage in Europa wird wieder unsicherer, denn ein lange für tot geglaubtes Gespenst kehrt zurück: die Gefahr des Wettrüstens zwischen den ehemaligen Supermächten, den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und der früheren Sowjetunion, der heutigen Russischen Föderation. Nachdem Russland nach Ansicht amerikanischer Militärexperten Raketen mit einer Reichweite von etwa 3000 Kilometern auf seinem Territorium stationiert hat, kündigte jetzt der amerikanische Präsident Donald Trump jenen vor mehr als 30 Jahren geschlossenen Vertrag auf, der diese Raketen verboten hatte.

Die neu stationierten Raketen können praktisch jede Hauptstadt Europas zerstören und erinnern deshalb an die Bedrohung, unter der Europa in der Zeit des Kalten Kriegs von 1945 bis 1989 gelitten hat. Nach Aufkündigung des Vertrags ist es wahrscheinlich, dass auch die USA wieder Mittelstreckenraketen in Europa stationieren. Anders als in der Zeit des Kalten Kriegs besitzen heute aber auch Länder wie China, Indien und Pakistan sowie bald vielleicht auch Nordkorea einsatzfähige Atomwaffen. Diese Länder sind niemals einem Vertrag zur Kontrolle oder Begrenzung dieser Waffen beigetreten.

Der letzte noch gültige Vertrag zwischen den USA und Russland zur Begrenzung von strategischen Nuklearwaffen, sogenannten Langstreckenraketen, läuft 2021 aus. Da nichts dafür spricht, dass die beiden Präsidenten Trump und Putin irgendetwas tun werden, um diesen Vertrag zu verlängern, wird die Welt dann zum ersten Mal seit den 1970er Jahren ohne gültigen Vertrag zur Rüstungsbegrenzung dastehen. Man mag es sich kaum eingestehen: Aber gegen das, was dann drohen könnte, war der Kalte Krieg eine Epoche der Sicherheit und Stabilität.

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