Das alltägliche Geheimnis der Zeit

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

„Es gibt ein großes und doch alltägliches Geheimnis … Dieses Geheimnis ist die Zeit … Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.“ Diese Worte stehen in der Geschichte über Momo, die 1973 geschrieben wurde. Momo ist ein Mädchen mit einer unglaublichen Eigenschaft. Sie kann zuhören wie kein anderer und verändert damit die Menschen, die in Michael Endes Roman meinten, keine Zeit mehr zu haben, weil sie Zeit sparen müssen. Wann ist das Verrinnen der Zeit präsenter als zum Jahreswechsel? Wann ist der Wunsch nach Veränderung größer als in diesen Tagen?

„Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“, lautet die Jahreslosung 2016 (Jesaja 66, 13), die diesem KIRCHENBOTEN als Schmuckblatt beigelegt ist. Stefan Mendling weist in seiner Auslegung darauf hin, dass es in der Geschichte um Elia kleine Zeichen des Trostes seien, mit denen Gott Mut mache und zeige: Ich habe dich nicht vergessen. Vielleicht sind es ja gerade diese kleinen, aber unverzichtbaren Zeichen, die den Menschen in diesen Tagen bei ihren persönlichen Wünschen nach Veränderung neue Hoffnung geben, um neue Wege zu beschreiten.

Eine Jahreslosung als Mutmacher wird in Zeiten des religiösen Fanatismus' und der grenzenlosen Menschenverachtung gut gebraucht. Sie muss aber auch ankommen. Sie muss wirksam werden im Großen und im Kleinen, politisch und privat. Beginnen wir doch einfach mit dem Geheimnis der Zeit, die Leben ist, das im Herzen wohnt. Wir verändern damit vielleicht mehr als wir jetzt denken, wenn wir dem Leben Zeit lassen. Ganz so wie der Prediger (3, 1) bereits 2000 Jahre vor Momo meinte: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“

Jetzt rufen die Kirchen dazu auf, gegen den Missbrauch des Islam durch Terrorbanden anzukämpfen und für eine gelingende Integration einzutreten – besonders prägnant und fundiert der Ratsvorsitzende der EKD, Professor Heinrich Bedford-Strohm, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Ihm geht es darum, jene Muslime zu ­unterstützen, die das Friedenspotenzial ihrer Religion betonen. Das Erlernen der deutschen Sprache und die Orientierung am Grundgesetz sind für ihn die Grundlagen der Integration und des Zusammenlebens: Toleranz, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung und Antirassismus. Das macht Mut, aber das gilt auch für uns.

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