Auch Satire muss Grenzen beachten

von Martin Schuck

Martin Schuck

Die Anschläge in Paris haben nicht nur ein klares Bekenntnis zur Pressefreiheit ausgelöst, sondern auch die Frage provoziert, wie weit Satire bei der Überzeichnung religiöser Symbole gehen darf. In Deutschland wird diese Frage neben der Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit und Freiheit der Kunst durch den so genannten „Blasphemie-Paragraphen“ 166 im Strafgesetzbuch beantwortet. Dieser sollte die Kirchen davor schützen, dass von atheistischen Kräften – zur Zeit der Entstehung des Strafgesetzbuches dachte man hauptsächlich an Kommunisten – öffentlich verächtlich über sie geredet wird.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner fordert die Streichung dieses Paragraphen und wird dabei vom Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hans-Michael Heinig, unterstützt. Der Schutz vor Beleidigung und Volksverhetzung sei auch ohne diesen Paragraphen gewährleistet. Andererseits weisen Befürworter des Paragraphen darauf hin, dass eine offene Auseinandersetzung in einer freien Gesellschaft auch ohne Überzeichnung der Religionen auskommen könne, wie das Beispiel der Vereinigten Staaten zeige, wo Satiren und Karikaturen zu religiösen Themen ein Tabu darstellten.

Es ist eine Errungenschaft der europäischen Geistesgeschichte, dass satirische Überzeichnung keine kriminelle Handlung ist, sondern Teil des aufgeklärten Diskurses. Trotzdem gibt es Kränkungen, in denen zwar niemand persönlich beleidigt wird, aber Menschen durch verächtliche Darstellung vermittelt wird, sich für ihre Religion schämen zu müssen. Als Zeichen dafür, dass Anhänger einer Religion sich nicht jede als Kunst verbrämte Frechheit gefallen lassen müssen, hat der Paragraph 166 seine Berechtigung.

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